Das Thema „Wohnen“ gewinnt in der politischen Debatte innerhalb von Europa zunehmend an Bedeutung. Dem „Wohnen“ kommt zwar keine eigenständige EU-Kompetenz zu, dennoch werden die wirtschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen der einzelnen Mitgliedstaaten durch zahlreiche Rechtsvorschriften der EU bestimmt oder zumindest stark beeinflusst.
Zahlreiche international anerkannte Studien gelangen zu dem Schluss, dass durch Mietenregulierungen nicht mehr Wohnungen auf den Markt gelangen und solche Eingriffe in den Markt mittel- bis langfristig mehr Schaden als Nutzen bringen. Welchen Standpunkt vertreten Sie hinsichtlich einer Liberalisierung und Deregulierung?
Harald Vilimsky: Wir sind der Ansicht, dass eine flächendeckende Preisregulierung am Wohnungsmarkt nicht zielführend ist. Stattdessen sollte man lieber bei der Vergabe im sozialen Wohnbau genauer hinschauen und transparenter handeln. Ein weiterer Schritt wäre die Senkung von Gebühren und Steuern, um das Wohnen wieder leistbarer zu machen.
Die EU-Kommission hat sich wiederholt dafür ausgesprochen, die Steuerlast vom Faktor Arbeit auf den Konsum, speziell auf das Eigentum zu verlagern, mit dem Bestreben, auf diese Weise für Wirtschaftswachstum zu sorgen. Mehrere Mitgliedstaaten – so auch Österreich – haben im Rahmen des Europäischen Semesters bereits länderspezifische Empfehlungen erhalten. Eine Verschiebung der Steuerlast auf das unbewegliche Vermögen würde jedoch viele Österreicher und Österreicherinnen, vornehmlich den Mittelstand, hart treffen. Außerdem würden solche Maßnahmen zu einem Investitionsrückgang führen. Dies hätte negative Auswirkungen auf die Schaffung von dringend benötigtem Wohnraum und die Erhaltung und Entwicklung des Gebäudebestandes. Darüber hinaus würde ein Investitionsrückgang auch der Wirtschaft schaden. Österreich hat innerhalb der EU bereits den zweitniedrigsten Eigentumsanteil, sodass Verschärfungen kontraproduktiv sind.
Die FPÖ ist vor rund einem Jahr in die Regierung gegangen mit dem Versprechen, eine deutliche Steuerentlastung durchzuführen. Gerade was Eigentum betrifft, darf es hier zu keinen Mehrbelastungen kommen. Familien müssen sich den Traum von den eigenen vier Wänden wieder leichter erfüllen können. Auf europäischer Ebene hätte man gerne eine weitere Einnahmequelle für das ausufernde Budget. Wir werden jedenfalls ein solches Vorhaben ablehnen, da es eine zusätzliche Steuerlast bedeutet würde.
Welche prinzipielle Bedeutung messen Sie dem Privateigentum in der Gesellschaft zu? Wie stehen Sie zu derartigen Enteignungsforderungen wie in der deutschen Bundeshauptstadt? Sollte auf europäischer Ebene etwas für einen verstärkten Schutz des Eigentums unternommen werden und die Europäische Union eine größere Rolle beim Schutz der Grundrechte spielen?
Harald Vilimsky: Eigentum ist und bleibt für uns ein Grundrecht, an dem nicht gerüttelt werden darf – schon gar nicht durch Enteignungen, egal für welche Maßnahmen. Ich halte eine solche Entwicklung für sehr kritisch. Zudem bin ich überzeugt, dass solche Entwicklungen dann zunehmen, je mehr wir uns von den Prinzipen des Rechtstaates entfernen und weiter in Richtung eines EU-Superstaates steuern. Wenn es um die europäische Ebene geht, denke ich, dass es hier keines weiteren Regulators bedarf, da dies auf nationaler Ebene von den Mitgliedsstaaten geregelt werden sollte.
Welche Aufgaben sollen der öffentlichen Hand im Rahmen der sozialen Wohnpolitik in Österreich zukommen?
Harald Vilimsky: Lassen Sie mich einleitend festhalten: Der soziale Wohnbau ist eine zentrale Errungenschaft, die es auszubauen und zu bewahren gilt. Leider degradiert die Wiener Sozialdemokratie unsere Bundeshauptstadt zum Brennpunkt neoliberaler Spekulation mit Sozialwohnungen. Millionengewinnen spekulativer Investoren stehen überhöhte Wohnkosten seitens der Menschen gegenüber. Dafür ist die FPÖ nicht zu haben. Wir sehen uns als Schutzschild für den sozialen Wohnbau und seine Bewohner. Die zentrale Aufgabenstellung an den sozialen Wohnbau lautet für uns, Österreicher mit dauerhaft leistbarem Wohnraum zu versorgen. Die angesprochenen Gehaltschecks widersprechen dem Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz ebenso wie dem Datenschutz. Der Obmann der ÖVP-Genossenschaften ist hier bereits zurückgerudert, diese Forderung der Volkspartei ist ad acta gelegt.
Erscheinen Ihnen Lenkungsmaßnahmen gerechtfertigt, die einen Wechsel der Objektförderung hin zur Subjektförderung vorsehen?
Harald Vilimsky: Wir Freiheitliche bekennen uns klar zu einem Mix aus sowohl Objekt- wie auch Subjektförderung. Die Objektförderung dämpft die Entwicklung des Marktes und wirkt dadurch doppelt. Die Subjektförderung schafft Hilfe im Einzelfall. Das halte ich für ein wohldurchdachtes Paket, das nicht aufgeschnürt werden sollte.
Teilen Sie die Ansicht, dass nur jene Personen eine staatliche Unterstützung erhalten sollen, die einen gerechtfertigten Bedarf haben?
Harald Vilimsky: Die dramatische Entwicklung an den Wohnungsmärkten verdeutlicht, dass der soziale Wohnbau breite Bevölkerungsschichten bis weit in den Mittelstand hinein versorgen muss. Dazu bekennen wir uns auch klar und deutlich. Für uns Freiheitliche ist entscheidend, dass Österreicher bei der Vergabe von Sozialwohnungen endlich wieder gebührend berücksichtigt werden. Hier muss es zu einer Trendwende kommen – vor allem in Wien.