Der Zinshausmarkt in Österreich kennt derzeit nur eine Richtung, sowohl was das Volumen betrifft als auch hinsichtlich der Anzahl der Transaktionen. „2019 hat das Zinshausjahr genau so begonnen, wie das letzte geendet hat“, meint Markus Arnold von Arnold Immobilien: „Eine große Nachfrage trifft auf ein überschaubares Angebot.“ Egal, ob man das klassische Gründerzinshaus nimmt, so wie es von Otto Immobilien in seinem Marktbericht gesehen wird, oder den etwas weiter gefassten Begriff im Marktbericht von Hudej Zinshäuser. In dem reicht nämlich die „Palette vom Mehrfamilienhaus in Spittal an der Drau um 95.000 Euro bis zum Gründerzeit-Juwel auf der Mariahilfer Straße um 125 Millionen“, erklärt Gerhard Hudej, Gründer und Geschäftsführer der Hudej-Zinshäuser-Gruppe. Dadurch kommen die beiden Unternehmen zwar auf unterschiedliche Kennzahlen, aber auf einen gleichen Nenner: Es geht stetig bergauf.
Blick auf Wien und die Bundesländer
Diese Entwicklung betrifft letztendlich ganz Österreich, denn „zahlreiche Investoren, denen die Preise in Wien bereits zu hoch sind, schauen sich in den Bundesländern um“, so Gerhard Hudej. Graz steht hier an erster Stelle, aber auch Linz, Salzburg und – dank ihrer Nähe zu Wien – die Märkte in St. Pölten, Krems oder Wr. Neustadt sind interessant. „Fast ein Viertel des gesamten Marktvolumens und knapp die Hälfte der Transaktionen werden in den Bundesländern generiert“, stellt Gerhard Hudej fest. „Die Bundesländer haben noch ein großes Steigerungspotenzial.“ Trotzdem ist hier der Markt noch entspannter. Abgesehen von Salzburg. In der Landeshauptstadt wurden im Vergleich zu 2017 um drei Projekte mehr verkauft, das Volumen stieg aber um satte 83 Prozent, was wohl den Markt am besten charakterisiert. Aber auch Wien verzeichnet 68 Prozent Steigerung beim Transaktionsvolumen. „Der Zinshausmarkt ist sehr hart umkämpft, und zusätzlich drängen immer wieder neue Käufer auf den Markt“, beobachtet Michael Schmidt, Geschäftsführer der 3SI Immogroup, und zieht einen Vergleich: „Im Gegensatz zu früheren Jahren zeigte sich der Zinshausmarkt schon im Februar und März sehr lebhaft.“ Durch den starken Verdrängungswettbewerb in der Bundeshauptstadt werden „auch Zinshäuser außerhalb des Gürtels immer interessanter“, so Schmidt.
Nachfrage bleibt ungebrochen
Das Einzige, was in diesem dynamischen Umfeld nach unten geht, sind die Renditen. Aber diese spielen laut Hudej für viele Anleger nur eine sekundäre Rolle: „In Wien gibt es kaum mehr Ist-Renditen von drei Prozent. Trotzdem ist die Nachfrage ungebrochen.“ Das habe mehrere Gründe: Erstens sei für viele Immobilien-Entwickler das Potenzial wichtiger, das sie durch Parifizierung und Abverkauf lukrieren können. Zweitens seien die aktuellen Renditen für langfristige Anleger immer noch rentabler als andere Anlageformen; und drittens gebe es große Vermögenswerte aus der prosperierenden Privatwirtschaft, die mehr nach Sicherheit streben als nach Kapitalvermehrung.
Falsche Vorstellung vom Markt
Die geringen Renditen tangieren daher die großen Investoren weniger. Für die Besitzer einzelner Zinshäuser wird die Situation aber zunehmend schwieriger. „Immer mehr Private können oder wollen sich die notwendigen Instandhaltungsarbeiten nicht mehr leisten und verkaufen“, sagt Thomas Gruber, Teamleiter Zinshaus bei der Otto-Immobilien-Gruppe. Die hohen Wertsteigerungen der vergangenen Jahre erleichtern aber diese Entscheidung. Wobei Mathias Miller-Aichholz, Standortleiter Wien bei Hudej Zinshäuser, feststellt, dass viele Privateigentümer teilweise eine komplett falsche Vorstellung vom Markt haben: „Es wird nicht jeder Preis für jedes Haus gezahlt.“ Die Investoren wissen bestens Bescheid, und die Häuser, die sich im Markt zu niedrigen Renditen verwerten lassen, sind sanierte Topobjekte, bei denen das Potenzial bereits „gehoben wurde“.
Investoren aus aller Welt
Die Investoren kommen mittlerweile auch aus China, wie Miller-Aichholz berichtet. Der Wiener Zinshausmarkt ist also im Reich der Mitte angekommen, und Wien wird auch in diesem Segment immer internationaler. Etwas, was in den Nachbarländern schon weitaus fortgeschrittener ist, wenn man zum Beispiel einen Blick in die tschechische Republik wirft. „Der Prager Immobilienmarkt ist um rund ein Drittel kleiner, aber wesentlich internationaler als jener in Wien“, meint Markus Arnold, der auch ein Büro in der tschechischen Hauptstadt hat. Was Prag aber mit dem Wiener Markt gemeinsam hat: „Auch hier ist das Angebot an Zinshäusern mittlerweile knapper, und die Preise für ,Trophy‘-Liegenschaften sind durchaus mit Wien vergleichbar.“
Die Preise werden weiter steigen
Bezüglich der Wiener Preise gehen die Profis von einem weiteren Anstieg aus. Michael Schmidt: Es ist natürlich schwer zu beurteilen, ob es mit der Preisrally SO weitergeht. Wir rechnen aber auch heuer mit einem neuerlichen Anstieg der Preise.“ Bei diesen wird voraussichtlich jedoch nicht mehr eine steile Kurve nach oben zeigen wie in den letzten Jahren. Gerhard Hudej hat einen sehr interessanten Marktindikator ausgemacht: „Solange Akteure, die schon lange auf dem Markt sind und mit Zinshäusern Geld verdienen, auch jetzt noch zu diesen Preisen kaufen, dann kann ich mir schon denken, wohin die Reise geht.“ Sprich: nach oben.