In diesem Jahr wurde jedoch den Entscheidungsträgern der am häufigsten in den Einkaufszentren vertretenen Mietern eine spannende neue Frage gestellt. So sollten diese sich in die Rolle des Vermietungsmanagers eines Einkaufszentrums begeben und sich entscheiden, wen von zwei direkten Wettbewerbern einer Branche sie bevorzugen würden. Zur Überraschung der Experten sind die Ergebnisse häufig mehr als eindeutig.
Mieter wählen Mieter. Marktpositionierung entscheidet
Ginge es allein nach den Mietern, ist es bei den Lebensmitteldiscountern klar und eindeutig Hofer, welcher als Wunschnachbar in den Einkaufszentren in Frage kommt, bei den Supermärkten reüssiert Spar und bei den Verbrauchermärkten liegt ebenfalls die Spar-Gruppe mit dem Flaggschiff Interspar weit vorne. Bei den Drogeriemärkten dominiert dm mit über 80 % und bei den Parfümerien räumt Rituals ab. Bei den Modegeschäften ist Zara eindeutig begehrter als H&M und wenn die Frage zu Nike oder Adidas kommt, votieren über zwei Drittel für Nike. Ähnliches gilt auch für Intersport versus Hervis und Fielmann gegen Pearle. „In diesen Ergebnissen kann sich zwar auch eine persönliche Präferenz der befragten Expansionsleiter ausdrücken, nach unserer Einschätzung spiegeln diese Ergebnisse aber vor allem die Erwartung, welches der beiden jeweils alternativ wählbaren Unternehmen am ehesten in der Lage wäre, ein Einkaufszentrum positiv zu befruchten und somit Synergien auch für das eigene Geschäft zu bewirken“, konstatiert der ecostra-Geschäftsführer Dr. Joachim Will und führt weiter aus: „Die Ergebnisse sind unseres Erachtens nicht unbedingt ein Gradmesser für die unterschiedliche Leistungsfähigkeit der Konzepte, denn so überlegen kann das Angebot von Hofer gegenüber jenem von Lidl gar nicht sein. Es reflektiert vielmehr solche Aspekte wie Markenattraktivität, -bekanntheit und Marktpositionierung. Und da ist Hofer einfach nach wie vor weit besser positioniert als andere Lebensmittel-Discounter.“
Lauter Sieger! Die Goldmedaille geht diesmal gleichzeitig an drei Einkaufszentren
Auch bei der eigentlichen Kernfrage des Shoppingcenter Performance Reports gibt es in diesem Jahr eine Überraschung. Gleich drei Einkaufszentren mit identischer Bewertung teilen sich den ersten Platz der aus Mietersicht am besten performenden Center in Österreich. Will: „Diesmal haben wir lauter Sieger auf dem Treppchen. Das gab es in der 12-jährigen Geschichte des Reports noch nie!“ Auf dem Spitzenplatz findet sich mit dem Messepark Dornbirn der Seriensieger vergangener Jahre neben einem altbekannten Schlachtschiff der österreichischen Centerlandschaft, dem dez in Innsbruck. Das Spitzentrio wird komplettiert von einem Center, das bisher zwar immer wieder durch gute Mieterbewertungen aufgefallen ist, es bislang aber noch nie auf das Treppchen geschafft hat: der Euromarkt im steirischen Kapfenberg. Der Euromarkt ist mit 29 Geschäften und einer Mietfläche von 14.000 m² deutlich kleiner dimensioniert wie das dez (130 Shops mit 65.000 m²) oder der Messepark (65 Geschäfte mit 26.500 m²), kann aber eine offensichtlich ebenso zufriedene Mieterschaft vorzeigen.
Wenig Bewegung im Tabellenkeller. Licht und Schatten in Wien
Beim Blick in den Tabellenkeller wird deutlich, dass eine Reihe von Einkaufszentren hier seit einiger Zeit fast wie einzementiert verharren. Es scheint diesen einfach nicht zu gelingen, sich in der Mieterzufriedenheit und damit im Centerranking nach vorne zu arbeiten. Zwar ist die „rote Laterne“ als Schlusslicht des Rankings nun an das Galleria in Wien übergegangen. Das im 3. Bezirk direkt an der Landstraßer Hauptstraße gelegene Galleria befand aber bereits im Vorjahr am unteren Ende der Tabelle. „Insgesamt auffällig ist die Häufung der Wiener Center im Tabellenkeller“, betont Thomas Terlinden, der als Projektleiter bei ecostra den Report federführend betreut. Terlinden: „Vier von den fünf Einkaufszentren mit der schlechtesten Mieterbewertung haben ihren Standort in Wien. Neben dem Citygate Shopping sind dies der Meiselmarkt, das Q19 und eben das Galleria. Gleichzeitig gibt es mit dem Riverside, mit The Mall und anderen aber auch eine Reihe Wiener Center, die seit Jahren zur österreichischen Spitzengruppe der erfolgreichsten Einkaufszentren zählen. In der Hauptstadt gibt es offensichtlich viel Licht und auch viel Schatten.“
Personalverfügbarkeit weiterhin größtes Problem der Händler:
Wie der Report ebenfalls aufzeigt, ist die Verfügbarkeit von Verkaufspersonal nach wie vor das größte Problem der befragten Mieter. Knapp 62 % sehen hier die aktuell größte Herausforderung im Betrieb ihrer Geschäfte. Um diesen Personalengpässen zu begegnen, empfiehlt eine fast ebenso große Mehrheit der Befragten eine Reduktion der Öffnungszeiten als adäquates Mittel. Will: „Es gibt in den Shoppingcentern eine Öffnungspflicht, welche in den Mietverträgen fixiert ist. Gleichwohl sehen sich verschiedene Mieter aufgrund des fehlenden Personals kaum mehr in der Lage, diese Zeiten vollständig umzusetzen und müssen die Ladentür zumindest zeitweise schließen. Trotz einer klaren vertraglichen Grundlage hat das Centermanagement dann kaum eine Handhabe, diesen Missstand abzustellen. Wenn kein Personal da ist, ist der Laden eben geschlossen.“
Verhaltene weitere Standortexpansion. Aber Innenstädte und Ortszentren im Fokus
Trotz allgemein fehlenden Personals wird aber weiter expandiert. Allerdings mit angezogener Handbremse. Die befragten Filialisten planen innerhalb der nächsten 12 Monate die Eröffnung von nur noch durchschnittlich 2,5 neuen Shops in Österreich. Im Vorjahr lag dieser Wert bei 3,3 Standorten. Allerdings sollen gleichzeitig auch weniger bestehende Shops geschlossen werden. Hier liegt der Durchschnitt bei 1,3 Standorten (im Vorjahr: 1,9 Shop-Schließungen). Terlinden: „Offensichtlich ist die Bereinigung der Standortnetze in der Folge der Krisen der letzten Zeit weitgehend abgeschlossen und das Expansionsgeschehen kommt in ein ruhigeres Fahrwasser.“ Gesucht sind nach den Ergebnissen des aktuellen Reports vor allem Ladenflächen in innerstädtischen Geschäftsstraßen, während Einkaufszentren in Stadtteillage oder auf der „grünen Wiese“ etwas aus dem Fokus der Expansionsplaner gerückt sind. „Nach unserer Einschätzung bezieht sich diese Standortpräferenz für innerstädtische Geschäftsstraßen vor allem auf größere Städte oder solche mit einer guten Aufenthaltsqualität und entsprechenden Passantenfrequenzen. Aber insgesamt sind dies doch auch gute Nachrichten für die österreichischen Innenstädte und Ortszentren.“, konstatiert der ecostra-Projektleiter Terlinden.