CBRE hat Europa „durchforstet“ und die großen Trends für die Shoppingcenter bis 2030 abgeleitet. Schaut man ein wenig hinter die offensichtlichen Trends, entdeckt man einige interessante soziale Aspekte. So kann man sagen, dass sich das Shoppingcenter wieder in die Richtung bewegt, die Victor Gruen, der „Vater“ der Shoppingcenter, eigentlich angepeilt hatte: Er sah seine Mall – mit Theatern und kulturellen Einrichtungen – als Zentrum eines verdichteten urbanen Raums an, als eine Art verbesserte Downtown, die von dichter Wohnbebauung, Parks und Sportanlagen umgeben sein sollte. Seine erste überdachte Shoppingmall im Jahr 1956 enthielt neben Geschäften auch eine Schule, einen Hörsaal und einen Eislaufplatz.
1. sozialer Aspekt: Die Weichen für Mixed-Use-Einkaufszentren werden gestellt
Dort könnte es auch wieder hingehen. Walter Wölfler, Head of Retail Österreich & CEE bei CBRE: „Wir sehen, dass sich die Einkaufszentren als solche weiterentwickeln werden. Die Shoppingcenter der Zukunft sind Mixed-Use-Destinationen mit einem breiten Angebot, das sich daran orientiert, was Menschen wirklich benötigen und wonach sie fragen“, so Wölfler. Auf dem Weg dahin werden bereits einige Weichen gestellt, selbst über Coworking-Spaces wird schon verhandelt, und zuletzt wurde in Deutschland mit dem SKYPARK-Hotel-Projekt auf dem Dach eines ECE- Shoppingcenters ein weiterer Schritt gesetzt.
Schönheit to go: Health & Beauty Angebote sind im Kommen
Womit Viktor Gruen wohl nicht gerechnet hätte, ist, dass sich auch das Segment „Gesundheit“ in den Shoppingcentern – im weitesten Sinne – entwickelt. „Vor acht Jahren war ich echt erstaunt, als ich den ersten Botox-Store in einem Shoppingcenter in Polen gesehen habe“, meint Wölfler, aber mittlerweile wird das Angebot nicht nur breiter, sondern auch länderübergreifend. In der SCS gibt es auf dem Multiplex Gesundheitsangebote eines ungarischen Betreibers. Fitnesscenter, Massagen, kleine (Schönheits)eingriffe, Ärztezentren oder Untersuchungsstraßen könnten in den Centern bald folgen – das Gesundheitsangebot zieht es dorthin, wo die Menschen sind. Ob dann die Kunden wegen des Gesundheitsangebots oder zum Einkaufen kommen, sei dahingestellt, aber die verschiedenen Angebote ergänzen sich, und der Kreis schließt sich. Shoppingcenter werden (wieder) das, wofür sie Viktor Gruen eigentlich gedacht hatte: Zentren verdichteter urbaner Räume.
2. sozialer Aspekt: Fachberater mit kompetenter Beratung statt „Al Bundy“
„Die Bedeutung des physischen Geschäfts ändert sich rasant“, meint Wölfler: „Die Flächen sind daran gemessen worden, wie viel Umsatz gemacht wurde. Außer man hat ein Geschäft nur für den Markenaufbau benötigt, dann war es egal. Das ist Vergangenheit.“ Mit dem Omnichanneling wird das Verkaufssystem immer komplexer, und damit wird auch Bedeutung des Verkäufers als wirkliche Fachkraft im Geschäft wieder größer. Die Kunden wollen wieder verstärkt persönlich und kompetent beraten werden. Was eine soziale und vermutlich auch finanzielle Aufwertung des kompetenten und freundlichen Fachberaters nach sich ziehen dürfte. Verkäufer wird, wer es kann, und nicht, wer es muss. Ein echter Berater muss daher nicht mehr nach dem Modell „Al Bundy“ sein Leben fristen.
3. sozialer Aspekt: Startups und Diversität statt großer Handelsketten
Ein Problem, mit dem viele Shoppingcenter kämpfen, ist Uniformität. War es vor zehn Jahren noch schick, die großen internationalen Ketten zu beherbergen, so sind diese mittlerweile überall vertreten – ein besonderes Flair erzeugen sie nicht mehr. Eher im Gegenteil. Daher wird „verstärkt Neugründungen und neuen Unternehmen gezielt die Chance geboten, sich im Shoppingcenter zu präsentieren“, erklärt Wölfler. Die Zeiten, in denen es nur um den Mietpreis pro Quadratmeter ging und nur die großen Mieter eingelassen wurden, die sich die Mieten auch leisten konnten, sind vorbei. „Sich in einem Shoppingcenter selbstständig zu machen, wird aktiv gefördert werden“, blickt Wölfler in die Zukunft. Start-ups bekommen ihre Chancen, mit guten Ideen vor einem großen Publikum durchzustarten. Doch dies soll nicht eine Einbahnstraße werden. Die Shoppingcenter unterstützen zwar die Gründerinitiativen, aber rollen Geschäftsideen, die funktionieren, auch in allen Centern aus, damit jeder Betreiber an den neuen Ideen partizipieren kann.