Dealhungrige internationale Immobilieninvestoren werden in Österreich nicht satt, dafür ist der Markt zu klein. Das gesamte Transaktionsvolumen belief sich 2020 auf gerade einmal vier Milliarden Euro – das entspricht den Deals, die in einem Jahr in Berlin und München abgewickelt werden. Der gesamte deutsche Markt ist etwa 20-mal so groß.
Und trotzdem haben institutionelle Anleger Appetit auf österreichische Immobilien, weil sie dem Portfolio die richtige Würze verleihen können. Das hat zum einen damit zu tun, dass sich der dortige Markt weitgehend unabhängig vom deutschen entwickelt. Analysen des Ertrags (Total Return) zeigen zwar signifikante Korrelationen mit München, doch zu den übrigen Top-sieben-Städten in Deutschland – Berlin, Düsseldorf, Frankfurt, Hamburg, Köln und Stuttgart – ist Österreich über alle Segmente hinweg weitgehend unkorreliert. Ein paar Büro-, Wohn- oder Handelsobjekte in Wien (andere österreichische Städte spielen auf dem internationalen Immobilienmarkt kaum eine Rolle) können also zusätzliche Stabilität in ein Portfolio bringen.
Dafür sorgt auch eine andere Eigenheit des Wiener Immobilienmarkts: die geringe Volatilität der Spitzenmieten. Diese schwankt, gemessen als Standardabweichung über die letzten zehn Jahre, gerade einmal um etwa ein Prozent – wenig im Vergleich zu München, wo die Schwankungsbreite bei rund drei Prozent liegt, und sehr wenig im Vergleich etwa zu Berlin, wo es fast sechs Prozent sind. Für Institutionelle, die mit Immobilien für ihre Kunden in der Regel sichere und damit relativ stabile Erträge erwirtschaften wollen, ist das sehr attraktiv. Im Vergleich zu anderen nationalen Märkten ist Deutschland bereits als Stabilitätsanker begehrt, und mit Beimischungen aus Österreich lassen sich die Ertragsrisiken noch einmal zusätzlich drücken.
Österreichische Spezialitäten
Diese Stabilität hat für den Investor allerdings auch Schattenseiten, denn sie hat eine ihrer Ursachen in einer österreichischen Spezialität: dem unbefristeten Mietvertrag. Diese Konstruktion ist in Deutschland weitgehend unbekannt. Schätzungsweise die Hälfte der Wiener Verträge ist unbefristet, und wenn der Mieter eine staatliche Institution ist, sind es die Mietvereinbarungen immer. Das bedeutet, dass der Eigentümer einen vertragstreuen Mieter meist nur mit Incentives oder attraktiven alternativen Flächen zum Ausziehen bewegen kann. Auf der anderen Seite verzichtet der Mieter meist für zehn Jahre auf eine Kündigung, und viele Mieter binden sich sogar noch länger, um den Zuschlag für ein Objekt zu bekommen. Der Eigentümer profitiert also von einer sehr langen Zeit mit garantierten Mieteinnahmen – ein klarer Pluspunkt für Immobiliendepots.
Für den österreichischen Markt spricht auch die Demografie. Während die Bevölkerungszahl in Deutschland in den nächsten zehn Jahren weitgehend stagnieren dürfte, wird für Österreich ein deutliches Wachstum von fast vier Prozent, für Wien sogar nahezu neun Prozent prognostiziert – dank Zuwanderung aus Osteuropa. Das führt tendenziell zu besserer Immobiliennachfrage in allen Segmenten.
Nicht alles, was den österreichischen Markt ausmacht, ist jedoch nach dem Geschmack von Investoren aus dem Ausland. Ein Wermutstropfen ist seine relative Intransparenz. In der Alpenrepublik ist es schwieriger, an Marktdaten zu kommen, und die, die verfügbar sind, sind nicht immer mit denen aus anderen nationalen Märkten vergleichbar. Viele angelsächsische Investoren schreckt das ab. Die Sprachhürde (die auch für Norddeutsche wie mich existiert) kommt hinzu.
Deutsche Firmen stellen deshalb mit Abstand die größte Gruppe der ausländischen Immobilieninvestoren in Österreich dar. Für diese dürften österreichische Immobilien attraktiv bleiben – wegen ihrer begrenzten Verfügbarkeit allerdings nur als feines Schmankerl in einem größeren Menü.