Der Zeitplan ist knapp
Der Zeitplan für die geplante Weichenstellung in der Energiewende durch Verzicht auf Kohle, Öl und Gas beinhaltet nur scheinbar ausreichend lange Übergangsfristen: Der finale Ausstieg aus Kohle und Öl ist bis 2035 vorgesehen, doch muss schon im Jahr 2022 beim Ersatz einer Kohle- oder Ölheizung zu einem klimafreundlichen Heizsystem gewechselt werden. Ab 2025 sind Kohle- und Ölkessel im Bestand, die ein bestimmtes Alter erreicht haben, auszutauschen und zwar auch dann, wenn diese noch völlig funktionsfähig sind. Ähnlich gestaltet sich der Ausstieg aus fossilem Gas, der zwar bis 2040 erfolgen soll, aber analog zum Stufenplan für Kohle und Öl ab dem Jahr 2025 ein Einbauverbot von Gasheizsystemen in Neubauten enthält. Der Umstieg von Öl auf Gas macht unter diesem Gesichtspunkt wenig Sinn. Zu bedenken ist, dass es nicht überall vernünftige Alternativen zu Öl und Gas gibt.
Große Betroffenheit
In Österreich heizen schätzungsweise über 500.000 Haushalte mit Öl und 1 Million Haushalte mit Gas. Der skizzierte Ausstieg aus fossilen Energieträgern hat aber nicht nur für VermieterInnen schwerwiegende Folgen, sondern es geht um jede Immobilie, egal ob Eigentumswohnung, Einfamilienhaus oder Mehrparteienhaus.
Fast 60 % der ÖsterreicherInnen leben im Eigentum und sind für den Erhalt ihres Besitzes verantwortlich. Wer mit in die Jahre gekommenen Ölheizungen heizt, ist in der Regel nicht reich. Der Umstieg auf ein anderes Heizungssystem kann teuer kommen. Es geht dabei nicht bloß um einen Kesseltausch, es müssen neue Leitungen gelegt, Heizkörper installiert oder ein bestehender Tank entfernt werden. Anders ist die Situation bei einem Haus, das dem Stand der Technik entspricht. Hier ist der Einsatz moderner Heizungssysteme leichter zu bewerkstelligen.
Die Regelungen treffen vor allem junge Familien, die gerade eine Immobilie erworben haben und dann viel Geld in die Umrüstung eines neuen Heizsystems einsetzen müssen. Aber auch ältere Menschen, die zwar im Eigentum zu leben, gleichzeitig aber mit einer bescheidenen Pension auskommen müssen, können durch derartige Zwangsmaßnahmen leicht finanziell überbelastet werden.
Die Profiteure
EigentümerInnen, die ihr Objekt vermieten, sind mit einem streng regulierten Wohnrecht und entsprechend bescheidenen Mieteinnahmen konfrontiert. Darüber hinaus hatten die mit der Steuerreform 2015 eingeführte Verlängerung der Abschreibungsdauer und andere Maßnahmen negative Auswirkungen auf Investitionen in den Hausbestand zur Folge.
Schließlich hat die Corona-Krise tiefe Spuren hinterlassen. Während der Pandemie ist das wirtschaftliche Risiko der Krise an den EigentümerInnen und privaten VermieterInnen hängen geblieben. Diese waren von nahezu allen staatlichen Unterstützungsmaßnahmen ausgenommen und mussten zahlreiche Mietzinsausfälle bei fortlaufender Bestreitung der laufenden Kosten verkraften.
Die aktuellen Zwangsmaßnahmen sind nicht nur abzulehnen, sie kommen auch zur Unzeit.
Anreize und Freiwilligkeit
Wir haben es aktuell mit der schwersten Wirtschaftskrise der Zweiten Republik zu tun, in der viele Menschen Einkommenseinbußen verkraften müssen oder ihre Arbeit verloren haben. CO-2 Vermeidung kostet viel Geld, das auf irgendeine Weise erwirtschaftet werden muss. Es ist naiv, so zu tun, als gäbe es keine Krise. Das sture Abarbeiten des Regierungsprogramms aus der Zeit vor Corona ist fern jeder Realität.
Egal ob Fenstertausch, thermische Sanierung oder Heizkesseltausch: Es müssen faire und technisch machbare Bedingungen geschaffen werden, die auch finanzierbar sind. Dafür sind neben Freiwilligkeit einfach gestaltete Unterstützungen, die nicht mit einschränkenden Auflagen verbunden sind, notwendig. Vor allem aber sind steuerliche Anreize nötig, um Investitionen auszulösen.
Verhältnismäßigkeit
Von wesentlicher Bedeutung ist aber auch die Prüfung, ob und inwieweit der gewaltige Aufwand den Nutzen überhaupt lohnt. Es wäre eine schlechte Strategie, aus reiner Ideologie eine grüne Transformation in die Wege zu leiten, ohne irgendwelche global messbaren Auswirkungen zu bewirken. Ökologische Maßnahmen müssen daher nicht nur technisch, sondern auch finanziell machbar und im Vergleich zu den potenziellen Energieeinsparungen verhältnismäßig sein, damit weiterhin privates Eigentum, auch für die nachfolgenden Generationen, möglich ist.