Bei der Vergabe von Wohnbaukrediten zeigt die viel diskutierte Kreditvergaberichtlinie (KIM-VO) zusammen mit dem veränderten Zinsumfeld aktuell Wirkung. Unter Bezugnahme auf Zahlen der Nationalbank wird seitens der Raiffeisenlandesbank (RLB) NÖ-Wien im Jahresvergleich von 70 Prozent weniger Kreditvolumen beim privaten Wohnbau in Österreich berichtet. Für Niederösterreich stellt man in der Raiffeisenbank ein Minus von 57 Prozent fest. Der durchschnittliche Wohnkredit hat sich zuletzt in der Höhe reduziert, und zwar um fünf Prozent auf 285.000 Euro. Dafür habe sich der Anteil an Fixzinskrediten mittlerweile auf 80 Prozent hinaufgeschraubt.
Kredite sind möglich
„Wir setzen alles daran, unseren Kundinnen und Kunden weiterhin die Schaffung von Wohneigentum zu ermöglichen. Schließlich ist das die beste Vorsorge für leistbares Wohnen im Alter und ein Schlüsselfaktor für den Aufbau von Wohlstand“, sagt Reinhard Karl, Generaldirektor-Stellvertreter der RLB NÖ-Wien. Oftmals werde die Finanzierbarkeit in den Haushalten derzeit unterschätzt, und man solle das Gespräch mit der Bank suchen. Die Flucht in Mietverhältnisse hält Peter Weinberger, Geschäftsführer von Raiffeisen Immobilien, langfristig für problematisch: „Mit der Altersvorsorge muss man früh beginnen, und je länger man in der frühen Lebensphase teuer mietet, desto eher geht sich das Eigenheim nicht aus.“
Preisrealität anerkennen
Transaktionen würden sich vor allem an den noch günstigen Orten abspielen, einfach weil sich die Nachfrage dorthin wendet. Überall anders müsse man die Lage neu beurteilen. „Jetzt ist es wichtig, die richtige Verkaufsstrategie zu haben“, sagt Weinberger und ergänzt: „Der Startpreis muss richtig eingeschätzt werden.“ Nach Jahren und Jahrzehnten der Preissteigerungen sei es anzuraten, bei den Angebotspreisen spürbar, also etwa um 15 Prozent, nachzugeben. Dies sei aktuell sinnvoll, um von Anfang an Interessentenanfragen zu generieren beziehungsweise um das Objekt nicht zum „Ladenhüter“ zu machen.
Zweigeteilter Markt
Die Raiffeisen-Analysten erwarten bis inklusive 2024 eine preisliche Korrekturphase, in der die Preise um insgesamt zehn Prozent nachgeben würden. Dies werde in Kombination mit einer Inflation im gleichen Ausmaß für den Zeitraum gefühlt auf eine 20-prozentige Vergünstigung hinauslaufen.
Der Wohnungseigentumsmarkt sei hier allerdings zweigeteilt. Während die gebrauchten Wohnungen im Schnitt preislich deutlich nachgeben, sind Neubauwohnungen zuletzt noch leicht teurer geworden. „Die hohen Baukosten sind dafür verantwortlich und außerdem die schlechten energetischen Verhältnisse“, sagt Matthias Reith von Raiffeisen Research, und er ergänzt, dass dies in Zukunft tendenziell so bleiben werde. Dem heimischen Immobilienmarkt attestiert man nach der Betrachtung von Immobilienzyklen im europäischen Vergleich, großteils frei von strukturellen Fehlentwicklungen zu sein.
Sichere Wohnungskredite
Begründet wird das mit ausreichend Nachfrage durch weiter steigende Bevölkerungszahlen im Land und mit den deutlichen Reallohnsteigerungen von zuletzt. „Dies ist fürs Verhindern zu starker Marktkorrekturen wichtig“, sagt Gunter Deuber, Bereichsleiter bei Raiffeisen Research. Die Nichteinbringbarkeit von Krediten scheint im Griff, und die Bank vermeldet Kreditausfallsquoten, die gegen null tendieren. Bei kritischen Fällen von Eigenheimkrediten würde man aktuell Verzugszinsen oder Gebühren befristet aussetzen. Neukunden rät man, die Werthaltigkeit der Objekte, was Zustand und Lage betrifft, im Auge zu haben. Außerdem seien die Ansprüche hinsichtlich der Ausstattung und der Größe von Immobilien in den letzten Jahren übermäßig hoch geworden. Dies wäre nun an die realen Verhältnisse anzupassen.