Aus einer Brache wurden zwei. Bei der Beurteilung von Hotelprojekten muss in dieser für die Branche katastrophalen Zeit zwischen Geschäfts- und Urlaubshotellerie unterschieden werden. „Der Städtetourismus wird – bedingt auch durch die Abhängigkeit von den internationalen Märkten und die globalen Reisebeschränkungen – erst 2024 wieder das Niveau der Jahre 2018 und 2019 erreichen“, meint Martin Schaffer, Managing Partner bei mrp hotels. Der erste Lichtblick könnte im MICE-Bereich erfolgen. Hier wird eine leichte Erholung ab dem Sommer oder Herbst erwartet: 30 bis 40 Prozent der Messen und Kongresse sollten wieder stattfinden können, wobei weiterhin die Frage offenbleibt, ob diese auch tatsächlich ausgerichtet werden. Auf jeden Fall steht der Wunsch der Menschen nach persönlicher Interaktion dahinter.
Dauerhafte Reduzierung
Freilich hat das vergangene Jahr auch gezeigt, dass es nicht immer persönliche Treffen sein müssen. Im Geschäftstourismus werde daher der zur Gewohnheit gewordene digitale Austausch in Kombination mit langfristigen Einsparungen der Unternehmen bei Reisespendings „ein dauerhaftes Minus von 25 bis 30 Prozent“ bewirken, schätzt Martin Schaffer. Die Stadthotellerie abzuschreiben wäre aber zu früh. Simon Kronberger, Director Austria & CEE beim Hotelimmobilien-Dienstleister Christie & Co, sieht ganz klar auch die Chancen, die 2021 bietet: „Natürlich hat die Branche einen grundlegenden Dämpfer erlitten. Der Tourismus ist jedoch einer der wesentlichen Wirtschaftsmotoren in Österreich, und die Reiselust wird mit Abflachen der Pandemiekurve wieder zurückkommen.“ Im Zuge der Marktbereinigung ergeben sich Chancen, neue Nischen zu bedienen bzw. wieder mehr Investments zu tätigen. Zudem entstehen einerseits Möglichkeiten für Entwickler, die Hotels umzunutzen, zu renovieren oder zu repositionieren, andererseits können verbleibende Hotels mit einer gefestigten Marktpositionierung für die Zukunft planen.
Eine spannende Frage ist, wie sich die Stadthotels in ihrer Gesamtheit künftig neu aufstellen werden.
Nutzungsänderungen werden durchgeführt
Einige größere Hotelentwickler wie beispielsweise die österreichische UBM Development oder die Gerch-Gruppe „haben bereits bekanntgegeben, Nutzungsänderungen in ihren Projekten vornehmen zu wollen und zum Beispiel Büroflächen statt Hotelzimmer zu bauen“, sagt Dierk Freitag, Bereichsleiter Hotel- und Freizeitimmobilien bei bulwiengesa. Stadthotels in Wohnhäuser umzubauen wird ebenfalls in Erwägung gezogen.
„Optimistischer blickt die Ferienhotellerie in das laufende Jahr“, so Martin Schaffer. In Deutschland zeigt sich, dass die Hotelbetreiber der Stadt den Rücken kehren und verstärkt in Ferienregionen expandieren. Das ist das Ergebnis des Reports „Operator Beat“ von Cushman & Wakefield. Demnach expandieren 89 Prozent der Befragten weiterhin in Deutschland, wobei die Mehrheit versucht, dabei Risiken zu minimieren. 76 Prozent haben ein starkes bzw. verstärktes Interesse an Freizeitdestinationen. „Wenig Nachfrage und Renditen in der Stadt und viele neue Investoren in Leisure-Destinationen bieten neue Chancen am Markt“, sieht Martin Schaffer die Gewinner außerhalb der Städte in den Berg- und Seedestinationen. Simon Kronberger ist hinsichtlich des Investmentmarkts in Österreich überzeugt: „Jedenfalls werden sich zeitnah zahlreiche Transaktionen ergeben, von denen der Gesamtmarkt profitieren kann.”
Neue Trends in der Hotellerie
Im vergangenen Jahr haben sich allerdings auch Trends etabliert, die sich fortsetzen werden. Nachhaltigkeit ist mehr als nur mehr ein Label, mit dem sich Unternehmen schmücken, und wird von den Reisenden aktiv nachgefragt und eingefordert werden. Der Massentourismus, wie wir ihn bis jetzt gekannt haben, wird abnehmen und von zunehmender Individualisierung abgelöst werden. Nach Corona wird vor allem der Wunsch nach Gemeinschaftserlebnissen und Wohlfühlatmosphäre die Hotelwahl der Gäste bestimmen. Bereits in den letzten Jahren kam es zu einer Vermischung von Arbeitsplatz, Hotel und Wohnhaus, und diese wird sich verstärken. Nicht nur in den einzelnen Gebäuden, sondern auch durch deren Einbettung ins Umfeld. Große Chancen haben Quartiersprojekte mit Lifestylekonzepten, die städtebaulich und konzeptionell in Bestandsstrukturen integriert werden.