Bald ist es so weit beziehungsweise es beginnt schön langsam: Die Käufer von Gewerbeimmobilien weltweit müssten in nächster Zeit Kredite in Billionenhöhe umschulden. Rund 2.000 Milliarden Euro haben Europas Banken Immobilieninvestoren für den Kauf von gewerblichen Objekten wie Büros, Einkaufszentren oder Logistikimmobilien in den Jahren vor der Krise geliehen. Von den Krediten, die 2005 bis 2007 von den Banken vergeben wurde, hätten laut CB Richard Ellis, einem internationalen, weltweit führenden Immobilienunternehmen, rund 20% einen Makel. Viel zu oft wurden in den Boomjahren Kredite vergeben, ohne die Immobilieninvestments ausreichend zu prüfen. Es ging so gar so weit, dass Immobilien von Kreditgebern, den Banken, nicht einmal begutachtet wurden, beziehungsweise noch nicht einmal in der Errichtungsphase waren, als sie kreditiert wurden. Die Banken vertrauten darauf, dass der Boom ewig weitergehen und damit die Preise ständig steigen würden. Jetzt laufen die Kredite aus und die Banken stecken in einer Zwickmühle, die äußerst unangenehm ist: Würden sie die Darlehen gegen mehr Sicherheiten und Eigenkapital verlängern, trieben sie die Investoren womöglich in den Ruin und müssten die Kredite abschreiben. Bei gleich bleibenden Konditionen müssten sie die Darlehen selbst mit mehr Eigenkapital unterlegen. Für die Immobilienfirmen selbst lohnt sich der Verkauf auch nicht, denn die Preise sind ja gefallen. Auch der Chefanalyst von Aberdeen Property Investors, Thomas Beyerle, sieht in den noch nicht erfolgten Wertkorrekturen einen großen Risikofaktor, der für die Banken immer noch akut ist.
Zusätzlicher Druck kommt vom Verbriefungsmarkt. Allein in Europa sind knapp 200 Milliarden US-Dollar an gewerblichen Immobilienkrediten verbrieft worden. Wenn die verbrieften Gewerbeimmobiliendarlehen aus den Boomjahren fällig werden, ist ein zweiter Schub der Krise zu befürchten, diesmal ausgelöst durch ausfallende Gewerbeimmobiliendarlehen, fürchten Branchenexperten.
Ein typisches Beispiel für „schlechte Kredite“ ist die Royal Bank of Scotland, die im Frühjahr 2010 zum unfreiwilligen Eigentümer eines riesigen Immobilienportfolios in Deutschland wurde: Morgan Stanley Real Estate Funds hat einen großen Brocken seines Deutschlandportfolios an die finanzierende Royal Bank of Scotland zurückgegeben. Bei dem rund 30 Immobilien umfassenden Portfolio handelt es sich um das sogenannte Pegasus-Portfolio. Das Unternehmen hatte das Portfolio erst Mitte 2007 für 2,1 Milliarden Euro gekauft, wobei die Bank damals für 90% der Kaufsumme aufgekommen war. Danach fiel das Preisniveau und das Eigenkapital des Pegasus-Portfolios war bald aufgezehrt. Da Morgan Stanley kein neues Geld nachschießen wollte, fielen die Objekte an die Bank zurück. Damit ist das Kreditinstitut unfreiwillig zu einem der größten Immobilienbesitzer in Deutschland geworden. Die klassische Zwickmühle tut sich auf: Entweder man schreibt ab und bucht einen Verlust oder man verkauft zu schlechteren Preisen und hat ebenfalls einen Verlust. Die schottische Bank ist dabei nur ein Beispiel von vielen.