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Der Markt vor der Haustür

Im Jahr 1989 eröffnete sich in Osteuropa ein Immobilienmarkt, dessen Dimensionen sich erst nach und nach zeigten. Ein Überblick über die Immobilienentwicklung in Osteuropa vom Ende des Kalten Krieges bis heute.

Als sich Osteuropa vor über 20 Jahren für den Rest der Welt öffnete, war klar, dass sich hier ein Markt auftat, der enormes Potenzial hatte. Wie schnell die Entwicklung aber voranschritt, das hat selbst bis in das Jahr 2007 noch einige überrascht. Aber noch einmal zurück in die Vergangenheit: Ab 1989 rollte die erste Investitionswelle nach Osteuropa. Hauptzielgebiete waren Ungarn, die Tschechische Republik, Polen und in weiterer Folge Slowenien. Die Developer und Pioniere sahen jenseits der Grenzen ein Immobiliendorado vor sich, dass zwar erst entwickelt werden musste, das aber sagenhafte Renditen versprach, von denen man im restlichen Europa– von einigen Ausnahmen abgesehen– nur träumen konnte. Es gab faktisch keine Immobilien in westlicher Qualität, egal ob Bürohäuser, Wohnanlagen, Business-Parks, Einzelhandel, Fachmarkt- und Einkaufszentren, aber auch Hotelprojekte und Logistikimmobilien galt es zu bauen, ebenso wie Infrastrukturprojekte.

Die Österreicher als Pioniere der ersten Stunde

Allen voran waren die österreichischen Developer und Investoren; aufgrund der langen gemeinsamen Geschichte mit den Nachbarstaaten im Osten und einer wirtschaftlichen Verflechtung schon in den Jahren vor der Wende taten sich die Österreicher in dieser „neuen“ Region leichter als andere Nationen– aber es war immer noch harte Arbeit. „Ich bewundere meinen Vater für seinen Mut“, meint Juniorchef Reinhard Schertler von der s+b Group über die Aktivitäten seines Vaters in Ungarn zu Beginn der 90er-Jahre. Deals, die heute in den am weitesten entwickelten CEE-Staaten wie Tschechien, Ungarn, Slowenien oder Polen ganz normal erscheinen, waren zu Beginn der 90er-Jahre völliges Neuland. Die Rechtsbasis war eine Herausforderung für sich und zusätzlich erschwerten die undurchsichtigen Wirren der Ostöffnung mit den Privatisierungen die Arbeit. Von einem EU-Beitritt der CEE-Staaten, wie sie zehn Jahre später benannt wurden, war damals nichts zu sehen, denn die Staaten waren gerade aus der Umarmung des großen Bruders UdSSR entlassen worden.

Hohes Risiko durch Rechtsunsicherheit

Das Risiko war entsprechend hoch. Karl Bier, CEO der UBM Realitätenentwicklung AG, war einer der ersten in Tschechien: „Von der rechtlichen Seite her bestanden Probleme mit dem Grundbuch, weil es keine absolute Sicherheit gab, wer Eigentümer war. Lassen Sie mich nur ein Beispiel nennen: Eigentümer einer Liegenschaft war ein Unternehmen und das wurde verkauft und die Frage stellte sich, ob derjenige aus dem Unternehmen, der 1954 den Kaufvertrag für das Grundstück unterzeichnet hatte, auch tatsächlich zeichnungsberechtigt war.“

Profis und Glücksritter

Gunter Eisert zählte als Geschäftsführer der damaligen Volksbanken-Tochter Immoconsult zu den ersten großen Pionieren des Ostens: „Es waren wirklich abenteuerliche Zeiten. Ich erinnere mich an eine fürchterliche Verhandlung im Kellergeschoß eines Hauses mit einem Mann, der ein Grundstück besessen hat, und der wollte es uns verkaufen– und hat es auch. Dieser ganze Bürobau ist eine Geschichte wert.“ Das Projekt wurde realisiert und es existiert noch immer, was ein Beweis für die Nachhaltigkeit der professionellen Vorgangsweise war. Nebenbei tummelte sich aber eine Vielzahl an Glücksrittern in Osteuropa, die sich, parallel zur fortschreitenden Entwicklung, immer weiter vorwagten, aber mit der Professionalisierung der Märkte nach und nach verschwanden. Professionalität hielt Einzug, und das betraf nicht nur die Investoren und Entwickler, sondern auch die einzelnen Staaten. Die höhere Rechtssicherheit sowie die stabilere politische Lage in Osteuropa durch die gute Wirtschaftsentwicklung und den EU-Beitritt minderten das Investitionsrisiko deutlich– und damit auch die Renditen. Lagen die Renditen für Büroimmobilien in Polen, Ungarn und Tschechien Ende der 90er-Jahre noch zwischen 10 und 12%, so wurden sie kontinuierlich geringer und hatten sich bis 2007 dem westlichen Niveau weitestgehend angenähert.

Die erste Welle und die erste Generation

Während man begann, in den Staaten der „ersten“ Generation bereits die Zweit- und Drittstädte mit Immobilien zu versorgen, startete die erste Welle in den Staaten der „zweiten“ Generation wie Rumänien, Bulgarien, Russland oder der Ukraine. Hier gingen die Entwicklungen viel schneller vor sich, denn die Immobilienprofis nahmen ihr Know-how, ihre Erfahrung und ihre Netzwerke bereits mit. Ein Grund für die Dynamik war auch die Tatsache, dass viel mehr Geld für Investitionen vorhanden war. Erwin Krause, ehemaliger Vorstand der CREDO Real Estate AG: „1994 hat in Budapest keiner gewusst, wann die EU-Osterweiterung beginnt, und das hat viele rechts- und wirtschaftspolitische Unsicherheiten beinhaltet. Deshalb haben viele Investoren gezögert.“ Das taten sie dann nicht mehr und innerhalb kürzester Zeit flossen riesige Summen nach CEE. Die Investoren wollten das Versäumte nachholen. „Die Dynamik in Südosteuropa hat eine Geschwindigkeit angenommen, mit der keiner gerechnet hat“, zeigte sich Christian Farnleitner, Geschäftsführer der C.F. Immobiliendevelopment GmbH, damals überrascht. „Innerhalb von zwei Jahren sanken die Spitzenrenditen in Sofia von 10 auf 7%“, beschrieb Reinhard Madlencnik, zuständig für das gesamte kommerzielle Immobiliengeschäft der Bank Austria, damals die Entwicklung. Ein ähnliches Szenario in der rumänischen Hauptstadt. Farnleitner: „Binnen drei Jahren haben sich die Renditen in Bukarest von 10 auf rund 6,5% verringert.“ Eine Entwicklung, für die Budapest, wo der Immobilienboom Mitte der 90er-Jahre richtig begann, rund zehn Jahre benötigte. Es folgte der südosteuropäische Raum mit Serbien, Bosnien-Herzegowina, Kroatien, Montenegro, Albanien und Mazedonien.

Die Folgen der Krise

Dann kam die Finanz- und Wirtschaftskrise. Die österreichische Immobilienwirtschaft zeigte sich zum Teil zunächst erleichtert. Wolfhard Fromwald, Vorstand der CA Immo AG, meinte Ende 2007: „Die Kapitalmarktkrise in den USA hat dem CEE-Raum gutgetan. Die internationalen Investoren aus dem angloamerikanischen Raum sind weggefallen, weil sie nicht mehr kaufen konnten, und damit wurde Druck aus dem Markt genommen.“ Schien es anfänglich, als wäre CEE aufgrund seiner Wirtschaftsdynamik gegen eine eingeschleppte Finanzkrise immun, so hat sich mittlerweile für die meisten Staaten das Gegenteil herausgestellt. Die Ukraine und die baltischen Staaten litten und leiden weiterhin am meisten unter der Krise. Im Gegensatz zu Polen und Tschechien. Diesen Staaten gelang es sogar, ein positives BIP zu erwirtschaften. Was aber die Krise auf jeden Fall verändert hat: Es werden großteils nur noch Core-Immobilien gehandelt: Immobilien mit durchdachten Konzepten in guten Lagen mit sicheren Mietern.

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Geschrieben von:

Alexandra Koch

Interview-Partner:
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  • Erschienen am:
    13.01.2011
  • um:
    22:50
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