Was sich im März 2020 schon am Horizont abzeichnete, kam und kommt jetzt mit voller Wucht auf die Immobilienbranche zu, wobei sich das Ausmaß dieser Dynamik noch gar nicht abschätzen lässt. Immobilien in Zeiten der Pandemie-Restriktionen zu managen ist eine große Herausforderung geworden. Die Property-Manager haben auf jeden Fall alle Hände voll zu tun, dass die Immobilien ihren Wert behalten. Vielleicht nicht unbedingt bei Wohnimmobilien. Diese haben sich im vergangenen Jahr als äußerst stabil erwiesen. „Auch die Lage im Bürobereich sehe ich zurzeit nicht sehr kritisch“, meint Frank Brün, Geschäftsführer von Phorus Management: „Bestehende Mietverträge werden überwiegend eingehalten, da im Grunde weitergearbeitet werden kann, ob im Büro, daheim oder sonst wo.“ Der Assetmanager glaubt, dass es eher zu anderen Nutzungsformen der Büroflächen kommen wird, was sich aber erst bei den Neuabschlüssen oder Verlängerungen der Mietverträge in der kommenden Zeit herausstellen wird.
“Gesperrte” Branchen leiden am meisten
„Bekanntlich sind jene Branchen betroffen, die von Sperren heimgesucht wurden“, so Frank Brün. Bei den Gewerbeimmobilien trifft die Corona-Krise am stärksten den Einzelhandel und Shopping-Center, die Gastronomie, Unternehmen mit körpernahen Dienstleistungen und die Hotellerie. „Keine oder nur geringe Belegungsraten bereiten vielen Hotelbetreibern derzeit Kopfzerbrechen“, meint Stefan Jaitler, Geschäftsführer von Gutwerk Immobilien Treuhand. Dazu kommt eine enorme Verunsicherung durch die Maßnahmen der Regierung. „Sofern die Hotels für Geschäftsreisende weiterhin geöffnet sind, versuchen wir gemeinsam mit den Betreibern die laufenden Kosten zu optimieren und die Verbrauchsstellen, soweit dies technisch möglich ist, an die Bedürfnisse angepasst zu reduzieren“, so Jaitler. Einige Investoren nutzen aber auch ganz bewusst die Zeit, um notwendige Investitionen umzusetzen, was bei laufendem Betrieb so gut wie unmöglich wäre.
Spagat zwischen Eigentümer und Mieter
Auch in den anderen betroffenen Assetklassen werden einerseits keine oder deutlich geringere Umsätze erzielt, andererseits fallen weiterhin operative Kosten wie Strom, Heizung, Wasser und Ähnliches für die Mieter oder Pächter an. „Die Mieter versuchen, über die Hausverwaltung Mietzinsreduktionen beziehungsweise Stundungen zu erwirken“, erklärt Johannes König, Vorstand der ÖRAG. Die Liegenschaftseigentümer sind in enger Absprache mit der Hausverwaltung respektive dem Property-Management. In der Folge werden – gegebenenfalls nach persönlichen Gesprächen durch das Assetmanagement – Vereinbarungen mit Mietern geschlossen. „Diese sind seitens der Verwaltung zu verbuchen, die auch Stundungen in Evidenz zu halten und entsprechende Rückstände einzuklagen hat. Seitens der Eigentümer sollen alle möglichen steuerlichen und vertraglichen Potenziale beachtet werden“, erläutert der Vorstand der ÖRAG.
So dürfen Hausverwaltungen ohne Freigabe des Liegenschaftseigentümers auch keine Mietnachlässe zugestehen, sondern haben die betreffenden Entscheidungen zu kommunizieren und abzuwickeln, wenngleich nicht zu verantworten. „Hier muss ausdrücklich darauf hingewiesen werden, dass Hausverwaltungen oder Property-Manager als Dienstleister im Zusammenhang mit Covid-19 ohne gesonderte Vollmachten keine Entscheidungen für die Liegenschaftseigentümer treffen können“, hält der Vorstand der ÖRAG fest. Johannes König beschreibt die Probleme: „Somit beschäftigen wir uns in der Verwaltung seit über einem Jahr mit der Abwicklung der Covid-Vereinbarungen und einer Unzahl von Anfragen und Anrufen.“ Gespräche mit allen Beteiligten sind an der Tagesordnung. Für Frank Brün ist eines klar: „Die Erfahrung hat mich gelehrt, dass nur Gespräche einen weiterbringen.“
Komplexes Spannungsfeld
Es ist ein komplexes Spannungsfeld, das über die Aufgaben im Rahmen der ordentlichen Hausverwaltung deutlich hinausgeht und in dem auch die Property-Manager agieren müssen. In vielen Fällen geht es nicht um die Optimierung der Immobilien, sondern um den Werterhalt oder auch darum, das Schlimmste zu verhindern. „Stellt sich heraus, dass der Mieter eine Chance auf Erfolg hat, muss man das tunlichst unterstützen. Wenn nicht, ist es vielleicht besser, dass der Mieter die Fläche im gegenseitigen Einvernehmen aufgibt, statt weitere vermeidbare Rückstände anzuhäufen“, so Frank Brün. Die Fläche ist dann zwar erst einmal leer, aber doch kurzfristig verfügbar – und man spart sich weiteren Ärger bei der Verfolgung von uneinbringlichen Forderungen. Wobei nicht übersehen werden darf, dass viele wirtschaftliche Schwierigkeiten derzeit noch von den politischen Eingriffen überdeckt sind.
Mit einem Blick in die Zukunft meint daher Johannes König: „Etwaige wirtschaftliche Probleme der bestehenden Mieter werden später, nach dem Auslaufen der Unterstützungsleistungen, noch stärker spürbar sein, und hier wird der Aufwand in der Verwaltung weiter steigen.“