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„Da hau ich lieber mein Geld zum Fenster raus …

… damit es bei der Tür wieder reinkommt.“ – ist eine Aussage von Thomas Rohr, IMMOROHR Immobilien, die er sich von Karl Lagerfeld ausgeborgt hat. Im Interview selbst sagt er klar seine Meinung über das Zinshaus, die Politik und den Markt und wir kommen noch zu vielen anderen Themen. Zum Beispiel: Wissen Sie, wen das Bestellerprinzip am härtesten getroffen hat?

Thomas Rohr, Geschäftsführer von IMMOROHR Immobiien

© IMMOROHR Immobilien

Wie sehen Sie die aktuelle Situation bei den Zinshäusern?

Thomas Rohr: Ich bin seit bald 40 Jahren auf das Erfolgsmodell „Wiener Zinshaus“ spezialisiert. Da bekommt man zwangsweise ein gutes Gefühl für sein Produkt, und im Mai 2022 schrie mein Bauch „there is something rotten“. Die Kollegen meinten, ein verfrühtes Sommerloch. Das hält sich aber bis heute!

Wir sind momentan in einer Schockstarre, hauptsächlich ausgelöst durch den exorbitanten Anstieg der Zinsen, aber auch der Baukosten – das wird zu einer Marktbereinigung führen.

Viele haben versucht, mit Zinshäusern reich zu werden. Viele Jungspekulanten sind in den letzten Jahren auf den Zug aufgesprungen und jetzt damit furchtbar an die Wand gefahren.

So eine ähnliche Situation hatten wir allerdings schon einmal. 

Wann war das?

Vor der geplanten Weltausstellung in Wien 1992. Die Häuser sind damals im Vorfeld fast stündlich teurer geworden, bis es dann plötzlich hieß: sorry, keine EXPO, und dann brach der Markt ein.

Es wird auch kaum finanziert.

Ja, von unseren Banken, aber die Deutschen tun das sehr wohl. Die deutschen Banken wildern bei uns, und bis die FMA reagiert, sind 30 Prozent des Umsatzes in Deutschland. Viele Marktteilnehmer – so auch ich – sind bereits Kooperationen eingegangen. Für mich als Makler ist es entscheidend, dass die Kunden, die etwas kaufen wollen und auch können, nicht an einer hirnverbrannten KIM-Verordnung scheitern.

Ich habe das Gefühl, dass auch der politische Wille immer größer wird, hier Auflockerungen durchzusetzen – die FMA will sich nur noch nicht beugen.

Wie sehen Sie die kommenden Jahre in der Immobilienwirtschaft allgemein?

Der Satz „Survive till ’25“ drückt es wohl am besten aus. Die österreichische Version „Tue nix till ’26“ finde ich allerdings etwas übertrieben.

Wie schätzen Sie die Situation im Wohnbau ein?

Wien wächst, zugleich werden immer weniger Wohnungen gebaut. Klingt absurd, ist es auch. Spätestens 2025 haben wir ein Problem. Es wird großen Druck auf den Bestand geben, da das Angebot sinkt und die Nachfrage rasant steigt – die Eigentumspreise werden daher auch steigen.

Durch die Indexierung sind die Mieten bereits stark gestiegen, und kurz war eine politische Lösung auf dem Tisch, die dann aber verworfen wurde.

Welche?

Die Idee war, die Indexierung aller Richtwert- und Kategoriemieten für die Dauer der kommenden drei Jahre mit fünf Prozent per annum zu deckeln. Dafür wollte man eine Zwei-Drittel-Mehrheit im Parlament. Die Opposition hat aus verschiedenen Gründen das Gesetz – wie üblich – verworfen: Patt!

Wenn es zu wenig Bauvorhaben gibt, dann könnte man ja den Leerstand mobilisieren.

Ich muss jetzt einmal mit diesem Schreckgespenst des „spekulationsgetriebenen Leerstandes“ aufräumen. Der durchschnittliche Leerstand bei privaten Eigentümern wird um die drei Prozent liegen, bei der Gemeinde um die zehn Prozent! Das ist ein Jahr Neuflächenproduktion.

Im Neubau wird sich die Politik zwischen Versiegelung und Verdichtung entscheiden müssen. Eine dritte Möglichkeit sehe ich nicht.

Wurde schon entschieden?

Nein. Die Politik will zwar gestalten, aber mit dem Geld der anderen.

Was mir den Atem raubt: Wenn man heute einen größeren Wohnbau plant, zum Beispiel mit der Sanierung eines bestehenden Gebäudes und einer Umwidmung von Gewerbe auf Wohnen, dann müssen 60 Prozent (!) der Flächen Sozialwohnungen sein. Das hat schon in Zeiten des geschenkten Geldes nicht funktioniert, aber jetzt ist das ein Ding der Unmöglichkeit. Der private Wohnbau ist damit tot.

Der Mensch sieht seinen Lebenszeitraum als Ewigkeit, in der historischen Betrachtung ist es jedoch nur eine Momentaufnahme. In der Geschichte des Wohnens haben letztendlich Privatpersonen die Wohnungsnot gelöst, wie etwa in der Gründerzeit.

Können Sie das kurz beschreiben?

Wien ist 1850 bis 1914 von rund 500.000 auf über zwei Millionen Einwohner gewachsen. Das war die Gründerzeit.

Wohlgemerkt, private Investoren haben diesen Zuzug alleine gestemmt. Nach den Kriegswirren wurde 1921 rückwirkend ab 1918 ein Mietengesetz erlassen, das die Immobilieneigentümer praktisch kalt enteignet hat.

Bis in die 60-Jahre gab es so gut wie keinen privaten Wohnbau, und heute verkauft die Gemeinde Wien ihre damaligen Bauten als ihre bahnbrechende Errungenschaft. Auch schon was …

Was wäre Ihre Alternative?

Der Markt hat immer recht, nur das Regelwerk, innerhalb dessen er sich bewegt, hat der Staat vorzugeben. Die Stadt soll und kann in das Stadtbild eingreifen, that‘s it.

Ein ganz anderes Thema: Wie sehen Sie in dieser – man könnte fast sagen – Umbruchszeit die Zusammenarbeit der Maklerbüros?

Es gibt zwei diametral entgegengesetzte Bewegungen: 80 Prozent suchen enge Vernetzungen und Zusammenarbeit. 20 Prozent arbeiten mit Wildwestmethoden, wie ich sie zuletzt in den 80er-Jahren erlebt habe.

Die Jungen haben ein massives Problem. Sie haben ein Jahrzehnt nichts anderes gesehen als explodierende Preise. Sie mussten daher ihr Handwerk nicht wirklich lernen – heute sind die Schmerzen dafür umso größer. Ein Problem für die Jungen, umgekehrt eine Chance für die Älteren.

Dazu noch das Bestellerprinzip.

Was so nie Thema war: Beim Bestellerprinzip wurden vor allem Frauen benachteiligt. Große Immobiliengesellschaften konnten sich mit ihren institutionellen Anlegern arrangieren, aber viele Mietspezialistinnen, die „One Woman Shows“ geboten haben, stehen heute vor den Trümmern ihrer Existenz.

Ihr Resümee nach 38 Jahren in der Immobilienwirtschaft?

Ich bin seit über 38 Jahre darauf trainiert, das Ende der Kette zu finden – diejenigen, die bereit sind, „zu viel“ zu bezahlen. Wenn mich diese Leute heute sehen, wechseln sie die Straßenseite – und zwar hin zu mir, um sich für das beste Geschäft ihres Lebens zu bedanken. Zinshäuser sind von 2000 bis 2022 kontinuierlich im Wert gestiegen, vielleicht mit einer kleinen Delle 2008. Wer war also der Dumme? Ich. Ich hätte das Haus behalten und nicht verkaufen sollen.

In den letzten zehn Jahren ist das Talent, den Privatinvestor zu finden, etwas in den Hintergrund getreten, da die Profis bereit waren, mehr zu bezahlen. Damit haben sie die Spirale weitergetrieben. Die Privaten, wie Stiftungen oder Family-Offices, sind ausgestiegen, und zu diesen gilt es nun zurückzufinden. Es sind nicht immer dieselben wie vor 20 Jahren.

Die Veranlagung in eine Immobilie ist superkonservativ. Oder kennen Sie altes Geld, das nicht aus Grund und Boden kommt?

Aber Immobilien gelten als klassische Veranlagungsform, und diese sollte möglichst sicher sein. Heute haben im Vergleich zur Situation vor zwei Jahren alternative Anlageformen sehr an Wert gewonnen, und viele steigen wieder um. Ob das gescheit ist, weiß ich nicht.

Wenn eine deutsche Bundesanleihe schon 3,5 Prozent bringt, warum soll die Immobilie weniger rentierlich sein?

Die deutsche Staatsanleihe gegen das Zinshaus?

Ist Deutschland sicher? Bevor ich eine Staatsanleihe kaufe, hau ich lieber mein Geld beim Fenster raus, da hat es noch Chancen, bei der Tür wieder reinzukommen.

Ich glaube, das mit Deutschland geht nicht gut. Deutschland versinkt im Chaos, das ist meine politische Meinung.

Was empfehlen Sie mit 38 Jahren Berufserfahrung, jetzt zu tun?

Jedenfalls Direktinvestments und Immo-Aktien oder Ähnliches unterscheiden. Wir sehen am Beispiel von Signa, einem der größten europäischen Player, wie schnell es gehen kann. Mit Ihrem Zinshaus wird Ihnen das nicht passieren. Das ist morgen sicher noch da.

Ich sehe ein zartes Pflänzchen, nämlich kleinere und größere Privatinvestoren, die sich in Stellung bringen, um wieder Zinshäuser zu kaufen. Ich sage bewusst Zinshaus, denn ein Zinshaus ist ein Mix aus unterschiedlichen Assetklassen mit dem Fokus auf Wohnen, und gewohnt wird immer. Die Renditen sind wieder wichtiger geworden als früher.

Wir gehen in eine Ära, in dem klassische Immobilienarbeit wie die Entwicklung und der Ausbau eines Hauses wieder gefragt ist. Heute kaufen und morgen teurer weiterverkaufen ist momentan vorbei. 

Mit Zinshäusern wird man nicht reich, man bleibt es. Wenn man diesen Satz verinnerlicht, dann versteht man, wie das Geschäft läuft. Es ist wichtig, dass man ein Immobiliengeschäft als das versteht, was es ist: im Normalfall langfristig!

 

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Geschrieben von:

Chefredakteur bei

Immobilien Redaktion
Interview-Partner:
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  • Erschienen am:
    15.11.2023
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