„500.000 Quadratmeter Bürofläche könnten vom Wiener Büromarkt verschwinden“, meinte kürzlich Andreas Gnesda, Geschäftsführer teamgnesda, und auf die Frage „Bis wann?“ konkretisierte er: „In den kommenden drei Jahren.“ Laut einer Studie seines Unternehmens geht der Trend genau in diese Richtung.
500.000 Quadratmeter sind viel, wenn man den Gesamtbestand an modernen Büroflächen betrachtet. Er beträgt laut Vienna Research Forum – mit Ende des vierten Quartals 2022 aktualisiert – 5.946.993 Quadratmeter, davon entfallen rund 63 Prozent auf Flächen der Klasse A und 37 Prozent auf Flächen der Klasse B nach VRF-Standard. Vermutlich wird der Büroflächenrückgang nicht diese Flächen betreffen, sondern viele andere, die sich in schlechten Lagen und „irgendwo“ in Gebäuden befinden. Andreas Gnesda: „Wir sehen, dass die guten Lagen total gefragt sind. Die Flächen fallen in B- oder C-Lagen weg, in vereinzelten Bürohäusern, die nicht in einem Büroumfeld liegen.“
Transformation der Flächen
Die Büroflächen werden auch transformiert. Andreas Gnesda spricht in diesem Zusammenhang von einer „Verlagerung von aufgabenorientierten zu interaktionsorientierten Büroflächen“. „Legebatterien“ und Großraumbüros müssen hochqualitativen Flächen weichen, die individuellen Nutzerbedürfnissen entgegenkommen. Attraktive Lagen gewinnen an Bedeutung. Providerkonzepte wie Coworking-Spaces erfreuen sich immer stärkeren Zuspruchs.
Mensch im Mittelpunkt
Die Veränderung der Nachfrage kommt von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. In einer Studie befragte CBRE mehr als 20.000 Menschen weltweit – von Babyboomern bis Gen Z – um herauszufinden, wie sie in Zukunft leben, arbeiten und einkaufen werden. In Europa gaben 38 Prozent der Befragten an, dass sie wieder Vollzeit im Büro arbeiten, und auf die Frage nach ihrem idealen Arbeitsplan für die Zukunft sagten 90 Prozent der befragten Personen, dass sie zumindest zeitweise am Arbeitsplatz sein wollen – das heißt, die Büroflächen werden für diesen Prozentsatz nur beschränkt benötigt. Dabei sind kürzere Pendelzeiten (von 67 Prozent der europäischen Befragten genannt) ein Schlüsselfaktor für die Häufigkeit von Bürobesuchen. „Wenn man die besten Talente an sich binden möchte, wird Home-Office in Teilen erhalten bleiben. In allen Lösungen wird also der Mensch mit seinen Bedürfnissen im Mittelpunkt stehen“, meint Alexander Redlein, Leiter der Forschungsgruppe „Immobilien und Facility Management“ an der Technischen Universität Wien.
Büroflächen wandern in die Peripherie
Mit den kürzeren Pendelzeiten tritt wohl ein neues Modell seinen Siegeszug an. „Hub and Spoke“-Büromodell nennt sich diese Entwicklung und wird international immer relevanter – es entspricht auch den Wünschen der Arbeitnehmer. Stefan Wernhart, Geschäftsführer EHL Gewerbeimmobilien, findet das Modell interessant, das auch im „Europa-Ausblick“ von Savills IM für zukunftsfähig gehalten wird: Die Unternehmen behalten einen Bürostandort im Stadtzentrum bei und ergänzen ihn durch eine oder mehrere kleinere Büroflächen an der Peripherie, um den Mitarbeitenden eine größere Flexibilität hinsichtlich ihrer Arbeitsmodelle zu bieten. „Allerdings müssen sie hochwertig ausgestattet sein und solide ESG-Merkmale aufweisen“, so die Studie. Andreas Gnesda nennt es den dritten Ort, Hubs oder Satellitenbüros und ist überzeugt, „dass es kommen wird, weil es aus der Nachfrage der Mitarbeiter kommen wird“.
Das heißt, wir werden die Flächen innerstädtisch verlieren, aber wir werden sie in der Peripherie benötigen. Hier könnten neue spannende Projekte entstehen, aber nicht auf der „grünen Wiese“, sondern auf den bereits verbauten und nicht genutzten oder nur zum Teil genutzten Flächen. Warum nicht in FMZ die Grundstruktur nutzen und hier die Büroflächen errichten? In nicht mehr genutzten Geschäftsflächen – oder auf diesen.
Damit wird sich auch das Stadtgefüge verändern – neue Strukturen werden entstehen, die sowohl in der Stadt als auch am Land ihre Stärken offenbaren werden.