Corona hat den Büromarkt auf den Kopf gestellt. Die Pandemie ist zwar vorbei, aber nicht die Nachwirkungen. Diese treffen mit einem historischen Tief bei der Büroflächenproduktion zusammen. „Es wurde noch nie so wenig gebaut und fertiggestellt wie in diesem Jahr“, erklärt Alexandra Bauer, EHL Immobilien. Geschuldet sei das den schwierigen Finanzierungskonditionen und den steigenden Baupreisen, die einige Projektentwickler dazu veranlasst haben, ihre geplanten Projekte auf später zu verschieben. Lediglich vier Projekte kommen heuer auf den Markt: VIO Plaza, myhive, Gösserhalle und Muthgasse bringen gemeinsam rund 48.000 Quadratmeter Bürofläche. Dann ist für heuer Schluss. Die Konsequenz beschreibt Alexandra Bauer: „In den Top-Locations haben wir einen Nachfrageüberhang. Die Bürogebäude um den Hauptbahnhof und in der Innenstadt könnten wir noch einmal vermieten.“
Neue Büroflächen in Untermiete
Es gibt sie allerdings noch, die neuen modernen Büroflächen. „Das vielzitierte Home-Office hat sich nur in ausgewählten Branchen wie Banken, Versicherungen und IT manifestiert“, sagt Elisa Stadlinger, Geschäftsführerin Gewerbeimmobilien ÖRAG Immobilien. Daher haben diese Unternehmen großflächig Büroflächen zur Verfügung. „Die vor Corona zu groß dimensionierten Flächen werden jetzt in Untermiete weitergegeben“, stellt Andreas Polak-Evans, Geschäftsführer von Modesta Real Estate, fest. Die einmietenden Unternehmen bekommen dafür ESG-zertifizierte und voll ausgestattete Büros, wenn auch zu stolzen Preisen. „Vor allem für internationale Konzerne, die eine Top-Fläche brauchen, die auch ESG konform ist, sind diese Bürohäuser ideal, und sie zahlen auch den Preis dafür“, erklärt Felix Zekely, Geschäftsführer von OPTIN Immobilien.
Synergien müssen noch warten
Die Vermieter können sich daher langfristige, zuverlässige Mieter aussuchen. „Auf Synergien zwischen den ansiedelnden Unternehmen wird dabei noch nicht so sehr geachtet“, meint Andreas Polak-Evans: „Vorerst müssen sich alle an die neuen Marktverhältnisse gewöhnen.“ Überhaupt ortet der Geschäftsführer von Modesta Real Estate eine Phase des „learning by doing“ auf dem Büromarkt. Dies gilt unter anderem auch für die Shared Offices. „Es ist derzeit eine durchmischte Situation, und wir haben in vielen Bereichen noch keine Erfahrungswerte.“
Die Alternativen
Für Unternehmen, die keine neuen Flächen finden, gibt es immer noch die Alternative, bestehende Fläche anzumieten. Elisa Stadlinger: „Auch in alten Gebäuden kann mit einem anspruchsvollen Innendesign eine entsprechende Atmosphäre geschaffen werden.“ Es werde aber notwendig sein, entsprechende Summen in die Hand zu nehmen, „um ein cooles Büro zu schaffen“. Was für die älteren Bürohäuser spricht: Viele von ihnen befinden sich in zentraler Lage.
Viele haben ein Mitspracherecht
Die Komplexität der Vermietung sei auch auf die vielen Beteiligten zurückzuführen, die ein Mitspracherecht haben, meint Felix Zekely und nennt „die Konzernzentrale aus dem Ausland, wenn es sich um ein internationales Unternehmen handelt, die lokalen Vertreter und natürlich die Vertretung der Belegschaft“. Im Rennen der Unternehmen um die besten Köpfe wird vornehmlich auf die Ansprüche der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eingegangen. Das Büro muss für diese attraktiv sein, denn die gut ausgebildeten Talente können sich den Arbeitsplatz aussuchen. Die jungen Menschen sind anspruchsvoller als frühere Generationen, und darauf müssen die Unternehmen reagieren.
„Es geht sehr stark in Richtung ‚Look and Feel‘“, stellt Ewald Stückler, Geschäftsführer von Tecno Office Consult, fest: „Der wohnliche Charakter ersetzt immer stärker die klassische Bürooptik.“ Ein öffentlich gut erreichbarer Arbeitsplatz ist laut Alexandra Bauer besonders beliebt. Das Kriterium „Autoabstellplatz“ ist von guter öffentlicher Anbindung verdrängt worden. Was den Standortwechsel zu einer Challenge macht, ist, dass er oftmals mit firmeninternen Strukturveränderungen einhergeht. „Viele Unternehmen erfinden sich neu“, so Ewald Stückler: „Ein Umzug bedeutet auch ein Hinterfragen der kompletten Firmenkultur.“
Neue Projekte in Fertigstellung
Unternehmen, die größere zusammenhängende Flächen suchen, haben es am Markt sehr schwer. Elisa Stadlinger: „Bei 1.000 oder 2.000 Quadratmetern ist die Luft schon sehr dünn.“ Viele Unternehmen schauen sich bei den Projekten um, die im nächsten Jahr auf den Markt kommen. So ist das Büroprojekt „Francis“ zwölf Monate vor Fertigstellung bereits zu 50 Prozent vorverwertet, beim Grand Central, das im ersten Quartal 2024 bezugsfertig ist, sind es rund 75 Prozent der 12.200 Quadratmeter. Vor Kurzem erfolgte auch der Spatenstich für den Central Hub im Stadtquartier TwentyOne. Über die Vermietung der Büroflächen, die Ende 2024 auf den Markt kommen, muss sich Mastermind Anton Bondi, Geschäftsführer von Bondi Consult, wenig Gedanken machen.