In den letzten zwölf Monaten ging es sehr schnell. Corona hat in der Bürowelt einen Wertewandel massiv beschleunigt, der sich in den kommenden drei Jahren ohnehin manifestiert hätte. Das betrifft einerseits, was sich die Mitarbeiter in Zukunft von einem Büro erwarten, andererseits den Trend, von zu Hause aus zu arbeiten. Diese Entwicklung läuft für die eingemieteten Unternehmen in der kommenden Zeit in zwei Phasen ab. Derzeit findet – noch gezeichnet von den letzten Monaten – eine Phase der kurzfristigen Umstrukturierung innerhalb des Unternehmens statt, der dann im Laufe der Zeit eine Phase langfristiger Veränderungen folgt. Büro neu denken ist nicht mehr nur ein Schlagwort.
Neue Konzepte für Büroflächen
Daher werden Firmen in den kommenden Jahren ihre Büroflächen von ihrer Konzeption her verändern. Vor allem diejenigen, die aufgrund der Mietverträge noch gar nicht umsiedeln können. Die Flächen und die Gestaltung müssen flexibel werden und viel Raum für Kommunikation, Austausch, Teamwork, tätigkeitsbasiertes Arbeiten und Vernetzung ermöglichen. Alles wichtige Anker und Aspekte für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eines Unternehmens. Persönliche soziale Kontakte mit den Kolleginnen und Kollegen werden auch weiterhin einen sehr hohen Stellenwert haben, speziell nach den Erfahrungen des Lockdowns.
Hybride Office-Lösungen
Homeoffice wird verstärkt unterstützt, und hybride Office-Lösungen halten Einzug in den Büroalltag, die eine Nutzung der Büroflächen als Arbeits- oder auch „kreativ“ als Erholungsflächen ermöglichen. Die unterschiedlichen Konzepte werden je nach Unternehmen ausgerollt. Die Auswirkungen dieser Konzepte sind noch nicht völlig klar. Flexibilität wird bei den Flächen jedenfalls gefragt sein, ebenso wie eine neue Mentalität der Verantwortlichen in den Unternehmen.
„Wir gehen davon aus, dass sich eine Art Hybrid Working durchsetzen wird, welches die Vorzüge von Flex-Konzepten und dem physischen Büro vereinen wird“, ist Eugen Otto, OTTO Immobilien, überzeugt. Vor allem junge Mitarbeiter haben Spaß an der Flexibilität und lösen sich von der „Nine-to-five-Mentalität“. Die flexiblen, hybriden Büroflächenkonzepte werden nur durch das Nachwachsen der jungen Generation Bestand haben. Anton Bondi, Bondi Consult, erklärt in diesem Zusammenhang seine Unternehmensphilosophie: „Mitarbeiter sollen von dort arbeiten dürfen, wo sie arbeiten können – natürlich nach gewissen Richtlinien unseres Unternehmens.“
Spagat der Vermieter
Die Vermieter werden allerdings in der gegebenen Situation einen Spagat machen müssen. „Incentive-Pakete von Vermietern werden für bonitätsstarke Mieter noch attraktiver werden“, so Stefan Brezovich, Vorstand von ÖRAG Immobilien. Trotz dieses Entgegenkommens werden sich Mieter aber „weniger lange an Mietverträge binden beziehungsweise zumindest – pönalisierte – Exit-Szenarien haben“. Damit einhergehend wird auch Flexibilität für eine Teilrückgabe von Flächen oder einer Erweiterung wichtiger.
In diesem Zusammenhang erwartet Eugen Otto, „dass im ersten Halbjahr 2021 ein größerer Anteil an Untermietflächen auf den Markt kommen wird, da einige Unternehmen dank Flex- und Home-Office-Lösungen ihre Flächennutzung optimieren werden“. Spannend wird auf jeden Fall, ob und zu welchen Bedingungen diese Angebote vom Markt angenommen werden.
Keine Büromarktkrise in Sicht
Laut EHL-Markbericht ist trotz vieler Umstrukturierungen und Neuerungen für 2021 keine Büromarktkrise in Sicht. Die Mieten in A-Klasse-Gebäuden und A-Lagen sollten nicht sinken, da diese in den letzten zehn Jahren, abgesehen von der Inflation, nicht stark gestiegen sind; Mieten in B-Lagen und B-Klasse-Gebäuden werden allerdings unter Druck geraten. In der ersten Jahreshälfte rechnet man zwar mit einer reduzierten Vermietungsaktivität, diese sollte sich aber im weiteren Verlauf wieder einpendeln. Grund ist auch, dass „2021 nicht viele neue Flächen in Büroneubauprojekten auf den Markt kommen“, so Elisa Stadlinger, Abteilungsleiterin Büro, Retail- und Gewerbeimmobilien bei ÖRAG Immobilien. Die Büroflächen werden allerdings gebraucht, und daher werden die Generalsanierungen im Vergleich zur Neubauflächenproduktion steigen. Flächen werden vor allem aufgewertet, um die Qualität für die Mitarbeiter zu erhöhen. Elisa Stadlinger gibt aber zu bedenken, dass die „Umstellung auf einen ,New Way of Work‘ in alten Bürohäusern oder Altbauten meist nicht so einfach möglich ist.“ Doch vielleicht kommen gerade diese Immobilien den neuen Konzepten des „New Way of Work“ wieder entgegen? Wie sich gewisse Trends und Tendenzen weiterentwickeln werden, lässt sich nämlich derzeit nur sehr schwer abschätzen. „Das wird sich in den kommenden Jahren weisen“, so Stefan Brezovich.