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Büro raus, Wohnung rein

Was tun mit leeren Gebäuden, mit altem Zuschnitt? Das Spiel der Kräfte bestimmt die Richtung– und die ist derzeit mehr als eindeutig.
„25 Jahre beträgt die durchschnittliche Lebensdauer eines Gebäudes ohne Umbau“, meint Robert Wimmer, langähriger Geschäftsführer der „Gruppe angepasste Technologie“ an der TU Wien, die sich mit Nachhaltigkeit im Bauwesen auseinandersetzt. Martin Roth, Geschäftsführer der Immobilienberaterfirma IRG, schätzt die Lage ähnlich ein: „Im Schnitt nutzt man ein Gebäude nur 32 Jahre bis zum Abriss oder zur Generalsanierung.“ Spätestens dann ist man als Immobilieneigentümer also am Scheideweg. Vor dem Hintergrund einer technischen Langlebigkeit der Gebäude von bis zu 80 oder sogar mehr Jahren stellt sich die Frage, wie mit den Gebäuden dann verfahren wird. Nicht unbedingt ressourcenschonend, muss man nach einem kurzen Anruf beim Quartiersmanagement des Liesinger Industriegebiets sagen. „Wenn jemand eine Verwendung für ein bebautes Grundstück im Industriegebiet hat, wird in aller Regel abgerissen und neu errichtet“, erfährt man aus der gängigen Praxis. Beispiele, wo der Bestand zumindest als Anknüpfungspunkt dient, gibt es aber auch. Ein aktuelles ist das Gusswerk in Salzburg: Dort wurde auf einem früheren Glockengießerei-Gelände auf Modebetrieb umgesattelt, wobei die alten Bestandsgebäude und nach um weitere erweitert wurden.

Von Fall zu Fall

„Ob die Sanierung eines Gebäudes wirtschaftlich ist, hängt zum Teil von Gebäudeeigenschaften wie der Nutzungsflexibilität oder den Möglichkeiten der Grundrissgestaltung ab“, meint Christina Ipser, Forscherin am Department für Bauen und Umwelt der Donau-Universität Krems. Je mehr Spielraum hier vorhanden sei, desto größer seien die Chancen der Wiederverwertung eines Gebäudes. War die mögliche Bauausnutzung früher größer als die heute zulässige, liefert das laut Martin Roth weitere Argumente für die Neuverwertung eines Gebäudes. Alles wäre jedoch nichts ohne den richtigen Standort für einen neuen Zweck. Jemand, dessen Job es ist, Umnutzungen und Weiterverwendungen auf den Weg zu bringen, ist Stephan Weninger, Geschäftsführer der SIVBEG, Strategische Immobilien Verwertungs-, Beratungs- und Entwicklungsgesellschaft m.b.H.: „Aus einigen Kasernen wurden attraktive Wohnbauprojekte, andere wieder wurden einer gewerblichen Nutzung zugeführt.“ Auf die Erhaltung bestehender Gebäude angesprochen, kennt er ebenfalls entsprechende Fälle: „Es gibt sogar sehr schöne Beispiele, wo in den Gebäuden Wohnungen errichtet wurden.“ Dies wäre dem Denkmalschutz zu verdanken gewesen, aber im Fall von Stockerau und Wolfsberg auch den guten gestalterischen Möglichkeiten.

Was der Standort vorgibt

Die sind auf den ersten Blick nicht immer zu identifizieren, und ein Urteil über die Bauqualität bestehender Gebäude falle schnell, allzu schnell negativ aus. Das meint zumindest Barbara Feller, die für die Stadt Wien eine Studie über den architektonischen Wert von Gebäuden aus der Nachkriegsepoche erstellt hat. Darin kommt sie zu dem Schluss, dass bauliche Qualitäten entgegen ersten Abneigungen auf den zweiten Blick durchaus da wären: „Ziel sollte es sein, respektvoller mit dem ,ungeliebten Erbe‘ umzugehen.“ Ein Beispiel, das sie untersucht hat, ist das ehemalige AUA-Gebäude in Wien-Favoriten. Der Eyecatcher hat nur knapp 30 Jahre überlebt, denn kürzlich ist er– erhaltenswert oder nicht– „der Abrissbirne zum Opfer gefallen“. Für den geleerten Platz stehen Wohnungen zur Diskussion, die sich an dem Standort mit viel Grün herum gut vermarkten ließen. „Meistens ist das Problem für eine Nutzung nicht das Gebäude, sondern der Standort“, relativiert Roth die Bedeutung der Gebäudequalitäten und argumentiert indirekt mit dem vorhandenen Verwertungsdruck. Für zentrale, urbane Bauten sei der Weg frei, für alle möglichen Nutzungen und dazu gibt es auch einige aktuelle Beispiele.

Prominente und andere Beispiele

Ein nur allzu bekannter Fall ist jener der Sophiensäle an der Marxergasse, die im November schlussendlich als Wohnungsbau wieder ihre Pforten öffnen. Als man sich einst um das Projekt beworben hatte, das man schließlich auch zugesprochen bekam, erzählte der Leiter der Projektentwicklung der ARWAG, Manfred Wasner, worauf es ankomme: „Die möglichst exakte Kostenermittlung ist hier sehr wichtig, und da haben wir das nötige Know-How.“ Unabwägbarkeiten hätte man zu berücksichtigen, und das sei im Baugewerbe nicht jedermanns Sache. Solcherart wurde, was vor rund 150 Jahren als Badeanstalt begonnen hat und zwischenzeitlich eine „Event-Location“ war, einer Wohnnutzung zugeführt.

Der Vorsorgewohnungsanbieter Raab Raab hat die Investmentidee Umnutzung auch aufgegriffen. Ein ehemaliges Bürogebäude, in dem einst die Telekom Austria ihr Zuhause hatte, wird von ihm aktuell in vermietbare Wohnungen umgebaut. Die Grundrisse der insgesamt 55 Einheiten sind nach eigenen Angaben effizient gestaltet. Darunter sind vor allem 50 bis 70 Quadratmeter kleine, kompakte Wohnungen zu verstehen, wie ein Blick auf die Etagenpläne zeigt. Ein Totalumbau des Hauses inklusive Dachgeschoß-Aufstockung und Balkonerweiterungen machen aus dem innerstädtischen Objekt ein Gebäude, von dem die Investoren sich lohnende Vermietungen erwarten dürfen. Die Austrian Real Estate GmbH, besser bekannt als ARE, hat für ihr Objekt „ehemalige Polizeizentrale Boltzmanngasse“ gleichfalls eine überwiegende Wohnnutzung umgesetzt.

Dass es beim Altbestand allerhand Neues gibt, lässt sich ab sofort beispielsweise auf www.branchenfrei.at nachvollziehen. Das neu etablierte Businessmedium definiert sich als Plattform und Ideenlieferant für die Nachnutzung von Objekten. Über die Immobilienzunft hinausgedacht, verbreitet man als Medienagentur Anregungen für Weiterverwendungen.

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  • Erschienen am:
    04.11.2013
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