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Blumen, Schlafen und Pakete

30 Prozent weniger Tankstellen im Jahr 2014 im Vergleich zu 2005 – das Tankstellensterben in Österreich geht weiter. Das Unternehmen Side Projekt Immobilien stellt in seinem neuen Frequenzbericht Beispiele vor, was aus einigen aufgelassen Tankstellen in den vergangenen Zeit geworden ist und welche Geschäftsideen es gibt.
So wie es die Firma Side Projekt Immobilien schon vor einigen Jahren prophezeit hat, {{article_open::433}}verschwinden immer mehr Tankstellen in Österreich von der Landkarte.{{link_close}} Waren es 2005 noch 1.950 Tankstellen, die den großen Marken zugeordnet wurden, gab es Ende 2014 nur noch 1.373– minus 30%. Und dieses Phänomen nimmt an Geschwindigkeit zu. Verbesserungen oder neue Nutzungsmöglichkeiten sind die Alternative gegen den Trend.

Bei der Optimierung des Betriebs „reichen oft schon kleine Stellschrauben“, erklärt Wolfgang Schmitzer, Geschäftsführer von Side Projekt Immobilien: „So kann etwa der Shop um zusätzliches Angebot ergänzt oder die Marke verändert werden. Auch die Umstellung auf Automaten birgt weit mehr Potential als gemeinhin angenommen.“

Umdenken bei schlecht funktionierenden Liegenschaften

Wenn aber Zweifel bestehen, ob die Tankstelle in ihrer bisherigen Form überhaupt noch existieren wird können, dann sind Perspektivwechsel gefragt. Es gibt auch ganz andere Möglichkeiten der Nutzung, die faktisch mit der Tankstelle nichts mehr zu tun haben. Tankstellen befinden sich in den meisten Fällen in ausgesprochen guter Lage, sind also Frequenzimmobilien. Und die Lage kann man nutzen.

Blumen statt Benzin

2014 hat der niederösterreichische Blumenhändler Robert Bigl 47 insolvente Holland-Blumen-Mark-Geschäfte übernommen und ist mit der Marke „Blumen BB“ nun der größte Blumenhändler in Österreich. Zehn Standorte befinden sich an ehemaligen Tankstellen. Die Vorteile dieser Standorte sieht Bigl in der Frequenz, der Sichtbarkeit und den Werbemöglichkeiten.

Teil der Tankstelle

Einige Unternehmen brauchen nur einen Teil der Tankstelle: Eigene Betreiber von Waschstraßen– mittlerweile brauchen diese auch kein Personal mehr und sind voll automatisiert– nutzen sinnvoll den Platz, der durch die Umstellung auf Automaten-Tankstellen entstanden ist, und bieten Pflege für das Auto. Damit sorgen sie für mehr Frequenz durch das zusätzliche Angebot und zahlen Pacht an den Eigentümer.

Was bei den Zapfsäulen und den Waschanlagen klappt, das funktioniert auch bei Verpflegung. „Automaten sind leicht aufgestellt und bieten ein umfassendes Angebot“, so Schmitzer. Aber er mahnt zur Vorsicht: „Die Bewegung läuft auch in die andere Richtung.“ An bestimmten Standorten wollen die Kunden mehr und besseren Service. „Wer hier einen Automaten aufstellt, der positioniert sich völlig falsch“, so Schmitzer.

Schlafen an der Tankstelle

Die Vermarktungs-Kooperation Fair Sleep hat sich mittlerweile zu einem beachtlichen Anbieter entwickelt. Fair Sleep hat 15 Mitgliedsbetriebe mit 330 Zimmern und 700 Betten. Jetzt sollen neue Märkte erobert werden, und der Schritt nach Deutschland ist geplant. 50 Standorte soll es 2020 geben. Fair-Sleep-Betriebe unterscheiden sich insofern von andern Budget-Hotels, als es keine Standardisierung gibt, und sind am ehesten mit Motels vergleichbar. Sie bieten simple und saubere Übernachtungsmöglichkeiten an. Das erste Motel– und damit der Grundstein zur gesamten Geschäftsidee– entstand übrigens direkt an einer Tankstelle mit Waschcenter, Shop und Gastronomie in Gmünd. Der Betreiber, Andreas Weber, war selbst von dem Erfolg überrascht, aber mittlerweile wird– wie gesagt– bereits expandiert.

Verbindung von Handel und Lage

Wie der Onlinehandel den Einkaufsflächen zusetzt, tut es die Veränderung der Mobilität bei den Tankstellen: Warum also nicht einfach beides zusammenführen? „Der Kaufakt ist mobil geworden“, erklärt Wolfgang Richter, Geschäftsführer von RegioPlan. Was tagsüber bei einem „Ausflug“ in die virtuelle Shoppingwelt bestellt wurde, kann am Nachhauseweg an einer Abholstation bereits mitgenommen werden. Damit bilden Tankstelle und „One-day-Delivering“ die ideale Verbindung, und die zentrale Tankstelle wäre damit der „letzte Schritt“ zum Kunden.

Wohnen an der Tankstelle

Dank ihrer zentralen Lage sind die Standorte von Tankstellen vor allem innerstädtisch für eine Immobilienart besonders interessant: für das Wohnen. In der Kaisergasse in Linz gab es bis Mitte 2014 eine Automaten-Tankstelle. Die Liegenschaft wurde verkauft, die Errichtung eines Wohn- und Geschäftsgebäudes ist geplant. In Wien Floridsdorf ist an einer aufgelassenen Automaten-Tankstelle ebenfalls eine Wohnhausanlage geplant.

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Dieter D. Kendler

Dieter D. Kendler hat Philosophie und Psychologie an der Universität Wien und Berlin studiert. Während seines Studiums arbeitete er in einer Privatdetektei und einer Hausverwaltung. Aus dieser Kombination entspringt auch seine Vorliebe für Journalismus und Immobilien.Er lebt derzeit in Bielefeld und ist selbständiger Journalist. In seinen Texten behandelt er vorwiegend philosophische, psychologische und wissenschaftliche Themen – und ab und zu auch immobilienspezifische.

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  • Erschienen am:
    19.10.2015
  • um:
    16:14
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