Sehr lange wurde über einen Marktplatz für die Immobilienunternehmen diskutiert. Wäre nicht jetzt, in dieser schwierigen Situation, ein idealer Zeitpunkt, um ihn endgültig umzusetzen?
Georg Spiegelfeld: Ja, es ist eine riesige Chance. Die jetzige Situation ruft nach einer Plattform, und ich bin sicher, dass sie Sinn macht und ein gutes Tool für die Zusammenarbeit von Unternehmen ist. Der Marktplatz ist das, was wir alle brauchen. Es wäre eine Win-win-Situation. Einerseits für die Kundinnen und Kunden, weil sie Objekte aus einem professionellen Umfeld bekommen – von Unternehmen, deren MitarbeiterInnen eine ordentliche Ausbildung haben. Andererseits für die Unternehmen selbst, da es eine schwierige Zeit für gute Geschäfte ist und wird. Es ist für die Maklerunternehmen und unsere MandantInnen eine gute Sache und wird sich sicherlich positiv entwickeln.
Wird es eine Non-Profit-Plattform?
Die drei Gesellschafter WKÖ, ÖVI und Immobilienring haben diese Plattform ins Leben gerufen, und die gemeinsame Gesellschaft – die Immobilien Marktplatz GmbH – wird die Plattform betreiben. Die geringen Kosten, die die TeilnehmerInnen zahlen, sollen lediglich den Betrieb finanzieren. Es ist nicht daran gedacht, mit dieser Plattform Geld zu verdienen, sondern eine vernünftige Basis für die Zusammenarbeit bereitzustellen.
Wie ist der Status quo?
Wir haben jetzt eine veränderte Situation als zu der Zeit, als wir die Plattform konzipiert haben. Wir sind dabei, die Vertragsregeln zu aktualisieren und die softwareübergreifende Zusammenarbeit aller Kolleginnen und Kollegen sicherzustellen. Es wird unterschiedliche Staffelungen der Zusammenarbeit geben, die Objekte lassen sich stufenweise eingeben, und wir werden den Markt österreichweit abdecken. Jetzt ist die richtige Zeit dafür.
Die Marktverhältnisse sind für die Unternehmen sehr schwierig.
Wir haben sehr viele Aufträge und viele Besichtigungen, aber die Abschlüsse kommen nur sehr zögerlich zustande. Die Entscheidungen werden verschoben. Die VerkäuferInnen und KäuferInnen warten, wie sich die Preise entwickeln. Wir hatten ein großes Gewerbepaket kurz vor dem Abschluss, und dann haben sich die Verkäufer doch zurückgezogen.
Wie wird sich die Situation weiterentwickeln?
Wir kennen die Wellen, die rauf- und runtergehen. Jetzt sind wir eben unten, und das erste Halbjahr, das ja auch schon wieder zur Hälfte vorüber ist, werden wir abschreiben müssen. Dynamischer wird es im Herbst.
Was wird sich im Herbst ändern?
Ich glaube, dass Investieren im Herbst ein Riesenthema sein wird. Jetzt warten sie noch ab, ob die Preise bei Gewerbeimmobilien vielleicht ein wenig nachlassen und die Renditen höher werden. Ich gehe davon aus, dass im Herbst alle Objekte, die ESG-tauglich sind, wieder stark gesucht werden. Auf der anderen Seite wird es bei den Objekten, die energetische Sanierungsmaßnahmen benötigen, ein Problem geben. Und diese sind der größte Teil der Immobilien. Bei größeren Immobilienportfolios wird es noch gehen, aber für die BesitzerInnen von ein oder zwei Objekten wird es ein Thema werden. Vor allem bei Zinshäusern.
Warum?
Es gibt sehr viele BesitzerInnen, die aufgrund der Richtwertmieten sehr knapp kalkulieren müssen, und eine Sanierung ist de facto nicht möglich. Es ist ja überhaupt ein grundlegender Fehler, die Miethöhe vom Baujahr abhängig zu machen und nicht vom Zustand des Gebäudes. Da brauchen wir in absehbarer Zeit eine vernünftige Lösung mit einer anderen Variante.
In welchem Segment sehen Sie noch Probleme?
Unabhängig von allen Marktproblemen, die sich aufgrund externer Faktoren ergeben, sind derzeit viele gesetzliche Vorgaben nicht wirklich durchdacht, sei es vonseiten der EU oder der österreichischen Gesetzgebung. Das Problem ist, dass alles gleichzeitig kommt, und das macht eine negative Stimmung.
Sie sprechen das Bestellerprinzip an.
Man kann nicht das Bestellerprinzip einführen, wenn man ohnehin schon sieht, welche Nachteile das in Deutschland bringt. Es ist in Ordnung, wenn man die Menschen unterstützt, die Unterstützung brauchen, aber nicht jemanden, der 2.000 Euro und mehr im Monat für eine Mietwohnung zahlt. Das Bestellerprinzip ist nur populistisch, und es wird nicht funktionieren. Es werden alte Themen, die wir mühsam aus dem Markt bekommen haben, wie Massenbesichtigungen und Ablösen, wieder aktuell werden. Es wird Streitereien ohne Ende geben.
Für die Unternehmen wird es mühsamer und aufwendiger werden. Für viele, die im Bereich Miete arbeiten, könnte das der Todesstoß sein. Auf jeden Fall wird sich jetzt die Spreu vom Weizen scheiden.
Sehen Sie auch Vorteile im Bestellerprinzip?
Der einzige Vorteil ist, dass die Maklerunternehmen nun versuchen, sich mehr als davor an den Kundinnen und Kunden zu orientieren. Daher wäre eben der Marktplatz, wie ich eingangs erwähnt habe, eine optimale Lösung.
Sie haben gemeint, viele neue Regelungen seien noch nicht genug durchdacht. Welche Themen vonseiten der EU meinen Sie da etwa?
Es ist derzeit zu viel. Eine Energiewende so forcieren, nur weil es von der EU vorgeschrieben wird, ist einfach der falsche Weg. Grundsätzlich ist die Nachhaltigkeit wichtig. Es wäre aber viel sinnvoller, diese Alternativenergien auch tatsächlich als Alternative einzubringen – sozusagen als eine Erweiterung im Angebot. Den Leuten diese Änderungen per Gesetz in einem Zeitraum vorzugeben, der sich rein technisch schon gar nicht umsetzen lässt, das ist falsch. Es kann eben wirklich nur eine Alternative sein zu den bestehenden Energiesystemen. Ich bin überzeugt, dass es in den kommenden Jahren viele positive technische Entwicklungen geben wird – ebenso wie neue Ideen und neue Möglichkeiten für alternative Energien.