(Flächen-)Recycling und Konversion
Unter Flächenrecycling oder Flächenreaktivierung wird meist die Wiedernutzbarmachung brachgefallener Flächen von ehemaligen Industrie- und Gewerbebetrieben oder auch von Infrastrukturanlagen (z.B. Güterbahnhofsarealen) verstanden, wobei derartige Flächen teilweise enorme Ausmaße annehmen können.
Beispiele für großflächige Flächenrecycling-Projekte…
… sind unter anderem die Entwicklung des rund 90ha großen Europa-Viertels nahe der Messe in Frankfurt am Main auf ehemaligen Güterbahnhofsarealen, die nunmehr mit Wohnungen, Büroflächen, sozialer Infrastruktur, Grün- und Freizeitanlagen sowie einem Einkaufszentrum bebaut werden. Noch größer ist das Projekt der HafenCity Hamburg, hier werden auf 240 ha ehemaliger Hafen- und Umschlagsflächen noch weit mehr neue Nutzungen realisiert (u.a. Kreuzfahrtterminal, Hotels, Universität, Parkanlagen etc.). Auch die Entwicklung der Seestadt Aspern auf ca. 240 ha ehemaligem Flugfeld in Wien ist zu den Flächenrecycling-Projekten zu zählen.
Die Abgrenzung zu Redevelopements
Die Übergänge zwischen Flächenrecycling und Redevelopments sind oft fließend– bei letzteren geht es zwar ebenso um grundsätzlich neue Nutzungen, allerdings meist auf kleineren Flächen und weniger Grundstücken. Das „Bauen im Bestand“ mit dem Ziel einer Neunutzung derartiger Objekte ist keine Besonderheit mehr, sondern wird für alle Beteiligten der Immobilienwirtschaft zunehmend Bestandteil der täglichen Praxis.
Beispiele für Redevelopments auf größeren Flächen…
… sind unter anderem– ohne Erhalt von Bestandsgebäuden– die Entwicklung des Einkaufszentrums Centro (mitsamt weiteren Unterhaltungs-und Freizeiteinrichtungen wie z.B. einem Musicaltheater) auf einem Teil des 143 ha großen Geländes des ehemaligen Eisenverarbeitungs-, Stahl- und Maschinenbauunternehmens Gutehoffnungshütte im deutschen Oberhausen. Ähnlich verhält es sich bei der Entwicklung von Einkaufszentren (teilweise mit weiteren Nutzungen wie Hotels, Museen, Büros etc.) auf anderen ehemaligen Industriearealen, allerdings unter weitgehendem Erhalt von Bestandsbauten, nämlich jenen einer früheren Textilfabrik wie z.B. in Lodz– Manufaktura– und einer ehemaligen Brauerei in Poznan (beide Polen)– Stary Browar– oder die Umgestaltung der ehemaligen Fiat-Autofabrik Lingotto in Turin. Weitere Beispiele für Redevelopments mit zumindest teilweisem Erhalt der früheren Bausubstanz sind multifunktionale Projekte auf dem Areal einer früheren Brauerei in Berlin-Moabit– Schultheiss Quartier, der Gasometer in Wien, eines früheren Textilveredelungsbetriebs in Basel-Stücki, oder eines ehemaligen Gießerei- sowie Maschinen- und Lokomotivbaubetriebes in Winterthur (Schweiz)– Kesselhaus und Lokwerk.
Kleinere, jedoch besonders interessante Redevelopments …
… sind unter anderem die Neunutzung einer ehemaligen Kirche in Maastricht (Niederlande) durch eine Buchhandlung oder einer Kirche in Mönchengladbach (D) durch Wohnungen. In Basel (CH) und Ribe (DK) wurden ehemalige Gefängnisse zu Hotels umgebaut. In Bocholt (D) wird aus einem ehemaligen Warenhaus ein Sparkassengebäude. In vielen Fällen sind kulturelle Nutzungen in ehemalige Gewerbe- und Industriegebäude eingezogen, so ein Theater in eine ehemalige Schiffbau-Halle in Zürich, ebenso in die ehemalige Kampnagel-Fabrik in Hamburg.
Änderungen des Plans
Allerdings gibt es durchaus auch Beispiele dafür, dass geplante Redevelopments nicht bzw. nicht so, wie zunächst geplant, umgesetzt werden konnten, so z.B. beim Projekt Europuls in St. Margrethen in der Schweiz: Dort sollten auf dem sieben Hektar großen Gelände eines ehemaligen Holzlagerbetriebes neue Gebäude für verschiedenste Nutzungen (Einkauf, Büro, Hotel etc.) realisiert werden– veränderte Gegebenheiten auf den Märkten erzwangen hier jedoch eine Neukonzeption, was zumindest zu einer wesentlichen Verzögerung der Umgestaltung führt.
Spektakulär und risikoreich
Zu den aktuell spektakulärsten Redevelopments gehören sicherlich der Wiederaufbau des 1950 geschliffenen ehemaligen Stadtschlosses in Berlin, dessen Ursprünge bis ins Jahr 1442 zurückreichen, unter dem Namen Humboldtforum– dort werden künftig vor allem Museumsnutzungen vorherrschen– und die Elbphilharmonie in Hamburg, die als Konzertsaal (mit ergänzenden Wohnungen und einem Hotel) auf Teilen des Baukörpers eines ehemaligen Hafen-Lagerhauses (Kaispeicher) errichtet wird und auch als Beispiel dafür dienen kann, welche Risiken solche Redevelopments mit sich bringen können und welch enorme Kostenfolgen dies haben kann.
Nicht mehr zeitgemäß
Bei der Revitalisierung wird die aktuelle Nutzung beibehalten, und dies betrifft sehr oft Einkaufs- und auch Büroflächen. Dabei kann eine Revitalisierung bis hin zu einem Abriss und Neubau an derselben Stelle mit gleicher Nutzung gehen. So sollen in Zürich in absehbarer Zeit zwei Bürogebäude mit insgesamt über 30.000 Quadratmeter Fläche abgerissen und neu gebaut werden, die zwar erst 27 Jahre alt sind, jedoch den aktuellen Nutzeranforderungen nicht mehr entsprechen und deswegen schon seit längerem Leerstände aufweisen.
Refurbishment
Der Begriff Refurbishment bezeichnet alle (teilweise genehmigungsfreien) Verbesserungs- und Aufwertungsmaßnahmen. Der Ist-Zustand ergibt sich meist aus dem (fortgeschrittenen) Alter der Immobilie, der Soll-Zustand meist aus den Standards in technischer und ästhetisch-optischer sowie funktionaler Hinsicht, die neuere Immobilien setzen.
Zu den größeren Immobilien-Modernisierungen/-Refurbishments gehören z.B. die noch laufenden etappenweisen Modernisierungsmaßnahmen im Glatt Einkaufszentrum in Zürich oder jüngst der Umbau des rund 30 Jahre alten Einkaufszentrums und Geschäftshauses Migros City an der Löwenstrasse im Zentrum der Stadt, aber auch die 2010 erfolgte umfassende Modernisierung des damals 20 Jahre alten Einkaufszentrums Galleria in Wien (A) bzw. das kürzlich eröffnete „huma eleven“ in Wien.
Erneuerung und Erweiterung
In vielen Fällen versuchen die Eigentümer aus wirtschaftlichen Gründen, ein Refurbishment mit einer Erweiterung/Vergrößerung der vorhandenen Nutzung zu verbinden, oder das Refurbishment eines bestehenden Gebäudes mit einer Erweiterung um neue Nutzungen, so z.B. beim Umbau des Westbahnhofs Wien unter Integration eines Einkaufszentrums, eines Hotels und umfangreicher Büroflächen. Eine ähnliche Einfügung eines Einkaufszentrums erfolgte in den 90er Jahren z.B. im Hauptbahnhof Leipzig, aber auch in anderen großen Bahnhöfen in Europa, wie Termini in Rom, Gare du Nord und Gare de l’Est sowie Gare St. Nazare in Paris und Atocha in Madrid.