Es ist ein schwieriges Terrain, auf dem sich die heimischen Projektentwickler derzeit bewegen. Natürlich sind die Wirtschaftsdaten rundum nicht so rosig, aber es handelt sich auch um viele hausgemachte politisch-wirtschaftliche Probleme, die derzeit auf den Projektentwicklungsmarkt durchschlagen. Während Österreich heuer 0,8% Wachstum erwartet, verzeichnet Deutschland mit 2,1% Realwachstum eine Art Miniaufschwung.
Wirtschaft verliert an Boden
Auffällig ist, so die Agenda Austria, dass Österreich nicht nur gegenüber Deutschland an Boden verliert, sondern gegenüber allen EU-Ländern. Der konsolidierte Haushalt in Deutschland „ist ein wichtiges Signal an die Bürger und Investoren“, so Franz Schellhorn, Direktor Agenda Austria. Er sieht als größte Wachstumsbremse in unserem Land die bleierne Stimmung, „denn viele Bürger haben das Gefühl, dass wir abrutschen. Die Regierung begegnet diesem Gefühl mit alten Rezepten: noch höhere Staatsausgaben, noch höhere Schulden.“ Daher befürchtet Ewald J. Stückler, Geschäftsführer von Tecno Office Consult T.O.C.: „Die Realitätsverweigerung der Politik wird unseren Wirtschaftsstandort weiter schwächen.“
Verschiebung statt Neuansiedelung
Tatsache ist jedenfalls, dass sich kaum neue Unternehmen ansiedeln. Stückler: „Ich sehe hier seit Jahren überhaupt keine Bewegung, neue Konzerne zu Betriebsansiedelungen zu motivieren. In den letzten Jahren gab es fast ausschließlich Umzugsprojekte und so gut wie keine Neuansiedelungen von außerhalb.“ Aus Stücklers Sicht eine reine Flächenverschiebung und Flächenoptimierung, aber kein echtes Wachstum. Der T.O.C.-Chef steht mit seiner Meinung nicht allein da, auch Anton Bondi de Antoni, Geschäftsführer von Bondi Consult, meint: „Die Nachfrage nach neuen, insbesondere größeren Büroflächen ist massiv zurückgegangen.“ Dazu kommen „restriktive Finanzierungsbedingungen der Banken“, so Bondi de Antoni, was vor allem „kleinere Projekte auf Risiko betrifft“.
Qualität zählt
In diesem Umfeld müssen die heimischen Developer ihre Projekte entwickeln. Allein durch Qualität ist derzeit zu punkten, denn gute Mitarbeiter suchen auch ein entsprechendes Umfeld. Michael Ehlmaier, Geschäftsführer von EHL Immobilien: „Mieter stellen die Zufriedenheit ihrer Mitarbeiter am Arbeitsplatz, perfekte öffentliche Erreichbarkeit und gehobene Infrastruktur wieder verstärkt in den Vordergrund, statt wie bisher auf niedrige Mietkosten zu achten.“ Unternehmen sind daher auch immer mehr daran interessiert, ihre Bürohäuser individuell zu gestalten. „Es ist zu beobachten, dass größere Unternehmen zunehmend ein eigenes Gebäude mit spezifischer Unternehmensidentität gegenüber der Anmietung von Teilflächen in großen Bürozentren bevorzugen“, so Bondi. Die Verbindung der Mitarbeiter mit dem Unternehmen wird nämlich in den kommenden Jahren immer wichtiger.
Neue Arbeitsformen– neue Arbeitswelten
Dazu kommt noch eine sich verändernde Arbeitswelt, und Walter Hammertinger, Geschäftsführer IC Projektentwicklung, beschreibt die Situation für das neue Bürohaus Denk3 im Viertel Zwei Plus sehr treffend: „In der konkreten Entwicklung von Immobilienprodukten sind wir gefordert, auf den derzeitigen Umbruch der Unternehmenskulturen in Bezug auf Arbeitsweisen und Strukturen zu reagieren. Wir planen Arbeitsräume daher besonders flexibel und vielseitig, um dynamische Organisationen ideal zu unterstützen und die Unternehmen so möglichst in unseren Gebäuden zu halten.“ Mitarbeiterfreundlich und flexibel sollen die Büroprojekte sein, und ohne Zertifizierung der Nachhaltigkeit geht auch nichts mehr. Sowohl vonseiten der Mieter als auch vonseiten der zukünftigen Investoren wird diese Gebäudequalität gewünscht.
Fertige Standorte gefragt
Gebaut wird aber nicht irgendwo, sondern– außer es handelt sich um ein kleineres Projekt oder Sanierungen– an etablierten Standorten. „Die Flächenproduktion konzentriert sich immer stärker auf moderne Büroobjekte an Cluster-Standorten mit erstklassiger öffentlicher Anbindung und idealer Infrastruktur“, so Ehlmaier. Damit wird den Wünschen der Mieter entsprochen, dann auch diese zieht es immer stärker zu „Komplettstandorten“.
Dabei ist es egal, ob es bereits lange bestehende oder neue Cluster sind, die sich in Entwicklung befinden. So errichtet die S+B Gruppe unter anderem sowohl neben dem Euro Plaza das Inno-Center (und profitiert von der direkten Anbindung an den Campus) als auch das VBC4 mit Büro- und Laborflächen mitten in Neu Marx. Die Signa Holding hat sich mit dem Icon Vienna einen neuen Cluster gesucht. Auf dem Gelände des Hauptbahnhofs sollen diese drei Türme neben der neuen ÖBB-Zentrale das Wahrzeichen werden. In TownTown entsteht das entsprechende Landmark erst mit dem jetzt in Entwicklung befindlichen letzten Projekt, dem Orbi Tower.
Unternehmen wollen Zeichen setzen
Wie dem auch sei: Alleinstellungsmerkmale bilden neben der Zertifizierung einen wesentlichen Wettbewerbsvorteil. „Neu errichtete Objekte ohne besondere Nutzungsmerkmale haben gegenüber diesen Landmark-Buildings deutlich spürbare Wettbewerbsnachteile“, so Ehlmaier.
Die Konzentration auf Bürostandorte geht zulasten von Objekten abseits dieser Zonen, die sich deutlich schwächer entwickeln. Einen Sonderfall stellt derzeit nur die Innenstadt dar, in der durch den Auszug der ERSTE Bank zahlreiche Büros frei werden. Ob diese teilweise kleinteiligen Flächen umgewidmet oder saniert und weiterhin als Büroflächen genutzt werden, ist von Fall zu Fall verschieden.
Gemischte Objekte und flexibel
Der wirtschaftlichen Gesamtsituation entsprechend, werden oftmals nicht mehr nur reine Bürohäuser konzipiert, sondern auch gemischte Objekte. Und im besten Fall hält man sich die Option, ob Büro oder Wohnung, offen. Die drei Türme des Triiiple wurden bereits im Vorfeld flexibel gehalten, da man sich bei den Projektentwicklern ARE Development und Soravia Group sicher war, dass verschiedene Nutzungen und eine gewisse Flexibilität in Zukunft einen Wettbewerbsvorteil darstellen würden. So meinte die Architektin Marta Schreieck bei der Präsentation von Triiiple Anfang des Jahres 2013: „Es lassen sich extrem viel Nutzungsarten integrieren– Wohnungen, Büros, Studentenheime. Auch an eine spätere Umnutzung ist gedacht: Flexibilität ist für die nächsten Jahre gegeben.“ Due Diligence in Bezug auf Gebäudeoptimierungen ist bei den erfolgreichen Büroentwicklern inzwischen State of the art. Stückler: „Wir prüfen Standorte und Gebäude bereits vor Baubeginn auf Wirtschaftlichkeit und Reversibilität und nicht nur die Architektur.“
Mieter sind vorhanden
Wer derzeit die Finanzkraft für neue Projekte hat, für den stehen die Chancen gut. Denn es gibt zahlreiche große Firmen, die einen Standortwechsel anstreben und solche neuen Gebäude bevorzugen. Erste große Vorvermietungen in den neuen Projekten wurden und werden bereits heuer abgeschlossen werden. „Entwickler, die jetzt ihre Projekte auf den Markt bringen, werden mit Sicherheit ihre Mieter finden, da im Moment extrem wenig Neues auf dem Büromarkt kommt“, so Stückler.
Dass es sich dabei allerdings um keine Unternehmen handelt, die sich neu ansiedeln, ist eine andere Sache …
[divider layout=”1″ color=”black”]Die laufenden Projekte in Wien (alphabetisch gereiht)[/divider]
Denk 3
Auch wenn die Erweiterung des Viertels Zwei zum Großteil aus Wohnräumlichkeiten besteht, um eine Durchmischung des Standorts zu gewährleisten, bleibt ein Teil der Kubatur doch auch den Büroflächen vorbehalten. So soll Denk 3 eine Gesamtmietfläche von 23.000 Quadratmetern aufweisen, mit ca. 500 bis 2.300 Quadratmetern auf einer Ebene. Nach den Plänen der Architekten Chaix & Morel wird das Bürohaus von der Nutzung her flexibel sein – mit Einzel- und Großraumbüros. Die Fertigstellung ist für 2017 geplant.
ERSTE Campus
Der Bürokomplex beim neuen Hauptbahnhof ist für die ERSTE Bank vorgesehen, wobei durch den Bezug rund 20 über die Stadt verteilte Standorte frei werden. Aufgrund eines reduzierten Eigenbedarfs vonseiten der Bank könnte ein Teil des Campus fremdvermietet werden. 2015 soll er fertiggestellt werden und wird auf 117.000 Quadratmetern Bruttogeschoßfläche rund 4.500 Arbeitsplätze bieten.
Forum Donaustadt
Direkt bei der U1-Station Kagran entsteht das Forum Donaustadt – ein Stadtteil aus sechs Gebäuden und einem vielfältigen Angebotsmix. Zwei Gebäude sind als Bürohäuser geplant.
Headquarter der Bank Austria
Im Dezember 2014 war Spatenstich, fertiggestellt werden soll die neue Zentrale der UniCredit Bank Austria bis Mitte 2018. Mit kolportierten 500 Millionen Euro ist es sicherlich eines der teuersten aktuell laufenden Projekte. Entscheidend für den Büromarkt: Ein Teil der 200.000 Quadratmeter Fläche soll an andere Firmen vermietet werden, und mit dem Umzug der Bank werden zahlreiche Bürohäuser in interessanten Lagen frei. Eigentümer ist die Signa, die das Projekt im November 2014 erwarb.
HoHo
Auch wenn das HoHo neben einem Restaurant, einem Hotel, Apartments und Wellness- bzw. Gesundheitsbereichen nur wenige Büroflächen aufweist, ist es allemal erwähnenswert: Nach seiner Fertigstellung wird es das größte Holzhochhaus der Welt sein. Auf rund 4.000 Quadratmetern Grundstücksfläche soll bis 2018 der 84 Meter hohe Turm in Hybridbauweise realisiert werden, rund 65 Millionen Euro fließen in das Projekt in der Seestadt Aspern.
Icon Vienna
The Icon Vienna besteht eigentlich aus drei Bürotürmen, die bis zu 88 Meter hoch werden. Als Landmark des neuen Hauptbahnhofs ist das Multiuse-Projekt mit seinen 80.000 Quadratmetern Mietflächen sehr begehrt. Aufgrund des knappen Angebots warten große Unternehmen bereits auf die neuen Büroflächen, und so steht man auch bei Icon Vienna kurz vor dem Abschluss mit potenziellen Büromietern wäre weniger verklausuliert. Die Fertigstellung erfolgt voraussichtlich 2018.
Innere Stadt
Viele kleine Flächen in der City, und dadurch sticht das Große ganz besonders hervor. Die beiden Bürohäuser Laurenzerberg 2 mit 7.000 Quadratmetern und Renngasse 5 mit 4.200 Quadratmetern bringen zusammenhängende Flächen in den ersten Wiener Gemeindebezirk.
Inno-Center
Nach der Verwertung der Büroflächen nebenan im Euro Plaza steht nun der Verwirklichung des Inno-Centers durch die S+B Gruppe nichts mehr im Weg. Das Office-Gebäude soll auf fünf Etagen insgesamt 17.000 Quadratmeter Fläche für verschiedene Nutzungsmöglichkeiten für Klein- und Großmieter aufweisen. 2017 soll das Bürohaus fertiggestellt sein.
messecarree Wien
Das Bürohaus soll im dritten Quartal 2017 fertig werden. Es stehen insgesamt bis zu 4.600 Quadratmeter an flexiblen Büroflächen zur Verfügung, die je nach Wunsch und Bedürfnis gestaltet werden können, davon 2.350 Quadratmeter auf einem Geschoß.
ORBI Tower
Der 102,5 Meter hohe ORBI Tower wird das neue Wahrzeichen des Entwicklungsstandorts TownTown in Wien-Erdberg. Der Büroturm ist die letzte Baustufe des Entwicklungsgebiets TownTown im dritten Wiener Gemeindebezirk. Der Turm, der vom Bauträger IWS TownTown AG errichtet wird, umfasst eine Bürofläche von 21.600 Quadratmetern auf 26 Stockwerken. Der Baustart ist im Mai 2015 erfolgt, die Fertigstellung ist für Juni 2017 geplant.
Square Plus
Das Büro- und Verwaltungsgebäude mit seinen zwei Baukörpern soll 2017 fertiggestellt sein und hat jetzt bereits ein Vorzertifikat der ÖGNI in Gold. Das Büro- und Verwaltungsgebäude mit rund 38.000 Quadratmetern Nutzfläche in der Muthgasse stammt aus der Feder des Architekten Heinz Neumann.
VBC4
Ein weiteres Projekt der S+B Gruppe entsteht am Campus Vienna Biocenter in Neu Marx. Auf einer Nutzfläche von 19.000 Quadratmetern werden moderne Labor- und Büroflächen in flexibler Bauweise angeboten. Die Fertigstellung ist für 2016 vorgesehen.