Was ist Ihnen von 2022 besonders in Erinnerung geblieben?
Michael Schmidt: Der Beginn des Krieges und die Angst, was alles auf uns zukommen könnte. Aber wenn man das ganze Jahr betrachtet, dann ist es nicht so schlimm gewesen. Das ist meine Lehre daraus: Wir müssen wieder positiver werden. Wir brauchen die positive Energie für 2023, da kommen auch schwierige Zeiten auf uns zu.
In welcher Form?
Wir haben höhere Zinsen, gestiegene Baupreise, Energiekosten und Inflation. Ich glaube aber, dass ab dem Frühjahr schon wieder eine Aufbruchstimmung herrschen wird. Wir werden am Anfang kämpfen müssen, aber mit dem wärmeren Wetter wird auch die Stimmung steigen. Gewisse Dinge können wir nicht ändern, aber wir sollten trotzdem nach vorne schauen. Es wird eine Krise herbeigeschrieben, aber im Dezember 2023 werden wir sagen, so schlecht war es auch nicht.
Was könnte uns 2023 am meisten beschäftigen?
Ich glaube die Zinsen bei den Immobilien. Die Frage ist, wo das endet, und wir können hoffen, dass wir ein baldiges Ende sehen werden – bei drei bis 3,5 Prozent beim Euribor. Ich gehe davon aus, dass er sich eine Zeitlang auf diesem Niveau hält und dann vielleicht im Herbst wieder sinkt. Das wäre auch gleichzeitig mein Wunsch. Allerdings können wir es nicht beeinflussen. Ab dem Zeitpunkt, an dem sich der Leitzins nicht mehr erhöht, wird auch die Stimmung wieder klarer sein.
Rückblickend haben wir im Bereich der Zinsen goldene Zeiten erlebt, und dieses niedrige Niveau werden wir nicht mehr so schnell sehen. Wobei dieses niedrige Niveau auch nicht normal gewesen ist. Wenn man Banken suchen muss, die nichts verrechnen, wenn man Geld hinterlegt, dann stimmt ja etwas nicht. Geld kostet etwas, das ist normal.
Wie haben Sie 2022 im Unternehmen erlebt?
Wissen Sie, 2022 ist ja nur ein Jahr. Wesentlich ist, wie man auch die letzten Jahre gehandelt hat beziehungsweise die grundsätzliche Einstellung. 3SI gibt es seit 20 Jahren, und wir haben uns in dieser Zeit auf stabile Füße gestellt. Wir haben nie zu sehr angepresst, kontinuierlich aufgebaut und sind jetzt für die kommende Zeit gut gerüstet. Ich sage schon lange, dass jede Krise oder Veränderung auch eine Chance bietet. Wir haben im Juni überlegt, wie wir weitermachen sollen, und entschieden, dass wir die Chancen, die der Markt bietet, nutzen wollen. Daher haben wir 2022 das stärkste Einkaufsjahr gehabt und rund 300 Millionen Euro investiert. Wir kaufen und bauen weiter. Wir haben 2022 elf Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aufgebaut, werden aber heuer keine abbauen. Das Ziel ist, 2023 zu wachsen.
Das heißt, die 3SI ist gut aufgestellt.
Wir sind für 2023 sehr gut aufgestellt, und wir haben auf jede erdenkliche Weise vorgesorgt, viele Zinsen abgesichert, und unsere Lager sind mit Baumaterial voll. Ich versuche immer vorauszuschauen und zu denken, was könnte passieren, um mich auf die Zukunft vorzubereiten. Das ist unsere Stärke. Für mich war klar, dass die Zinsen hinaufgehen werden, und wir haben frühzeitig angefangen, die Zinsen abzusichern. Das haben wir in größerem Stil gemacht.
An den Plänen für 2023 hat sich nicht wirklich viel geändert.
Wenig. Hätten wir die Zinsen nicht abgesichert, müssten wir uns jetzt Sorgen machen. Wenn man sich Sorgen macht, muss man aber auch Schritte setzen und darf nicht den Kopf in den Sand stecken.
Eigentlich hat sich nichts geändert. Wir müssen schneller und intensiver arbeiten, nach innovativen Lösungen suchen und uns von der Masse absetzen.
Neun Projekte sind aktuell in Bau, und wir wollen 2023 mit weiteren zehn beginnen. Es ist eine Mischung aus Altbau und Neubau. Wir planen, wieder rund 300 bis 400 Wohnungen zu errichten.
Haben Sie eigentlich alle Projekte im Kopf?
Immer. Wir haben 100 Zinshäuser im Bestand und noch viele weitere in Vorbereitung – ich kenne jedes. Man muss ja sagen, das ist mein Leben.
Bietet ein Familienunternehmen in der aktuellen Situation Vorteile?
Ein Familienunternehmen hat, so wie andere Unternehmen auch, in seiner Struktur Vorteile und Nachteile, wobei die Vorteile natürlich überwiegen. Wenn ich mir ansehe, wie sich unsere innere Struktur darstellt, dann fühlen sich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wohl. Das Familiäre ist mir wichtig, und niemand steht über dem Team – selbst wir als Geschäftsführer nicht. Mein Vater hat immer gezeigt, dass man sich für nichts zu schade sein darf, und wenn Not am Mann ist, dann ist das gar keine Frage, dass alle zusammenhelfen. Wenn wir alle – das gesamte Team – noch etwas mehr geben, dann werden wir auch das Jahr 2023 gut durchstehen. Es geht immer um das Team. Hätten wir nicht die Belegschaft, dann wären wir nicht da, wo wir heute sind.
Sie haben vorhin von innovativen Lösungen gesprochen – welche meinen Sie damit?
Wir wollen noch stärker in Richtung Qualität und Nachhaltigkeit gehen. Wie kann man das Büro effizienter machen, wie kann man auf Ereignisse reagieren, die auf uns zukommen? Qualität wird immer gefragt und auch bezahlt – und Nachhaltigkeit müssen wir sowieso liefern.
Wobei ich immer sage: Die Altbauten sind sowieso die grünsten Produkte, die wir haben, und das wird viel zu wenig thematisiert. Ein Ziel von mir ist es, zu zeigen, welche Bedeutung der Bestand hat und wie wichtig es ist, ihn zu sanieren. Wir wollen alle Altbauten, die wir sanieren, zertifizieren lassen. Und die Neubauten sowieso. Ich möchte zeigen, dass das Zinshaus in Bezug auf Nachhaltigkeit genauso gut und effizient ist. Die Nachfrage nach Wohnungen in Altbauten ist enorm.
Trotz der geänderten Kreditrichtlinien ab dem Sommer?
Beim Verkauf von Wohnungen haben wir ab Juli 2022 Einbrüche gehabt, und Käuferinnen und Käufer von Wohnungen haben sich zurückgezogen. Es war über den Sommer bis in den Herbst etwas zäh, ab Oktober war der Wunsch nach Immobilieninvestments wieder da. Unsere Verkaufszahlen erwiesen sich dann wieder ähnlich stark wie im April oder Mai.
Der Wunsch nach Eigentum ist sehr stark, und Immobilien sind meines Erachtens die wichtigste Assetklasse in einem Portfolio.
Wie sehen Sie die Zinsregulierungen?
Wir glauben auch, dass die FMA etwas unternehmen muss, damit sich die Menschen wieder Eigentum leisten können. Die Faktoren beim Kauf sind wegen der neuen Regularien zu hart. Als das Gesetz angedacht wurde, sah die Welt noch ganz anders aus. Dennoch ist es unverändert umgesetzt worden. Es wäre wichtig, das Gesetz an die aktuellen wirtschaftlichen Gegebenheiten anzupassen.
In welcher Form?
Zum Beispiel mit einem Generationenkredit oder dadurch, dass ein gewisser Betrag am Ende der Laufzeit einfach „stehen bleibt“. Es ist durchaus zu überlegen, ob nicht der Staat mit einer Art Eigenmittelhaftung einspringen sollte. Es gäbe verschiedenste Methoden, die den Menschen helfen würden, sich etwas für die Zukunft aufzubauen.