Direkt nach der Bundeshauptstadt Wien hat Graz mit mehr als 950 Shops die größte Einzelhandelsauswahl für Einheimische und Touristen zu bieten. Dabei zieht im Stadtzentrum die Kernzone um die Herrengasse − als Verbindungsachse und wichtigste Fußgängerzone zwischen Jakominiplatz und Hauptplatz − nicht nur Grazer in die Geschäfte, sondern auch Kunden aus der gesamten Region.
2024 konnte die Grazer Innenstadt neue Mieter wie Motel a Miio und MeiShi gewinnen. Neue Standorte wurden von Douglas und sehen!wutscher in der Herrengasse bezogen. Im Citypark hat Peek & Cloppenburg neu eröffnet, Müller wird ab Frühjahr 2025 im Murpark vertreten sein. Gleichwohl sind in der Innenstadt auch einige Abgänge zu verzeichnen: Deichmann hat sein Geschäft bereits zugesperrt, H&M wird im Juni den Hauptplatz verlassen, das Café Sacher und Manner werden ebenfalls ihre Filialen schließen.
Es gäbe aber jedenfalls Interesse an den freiwerdenden Flächen, sagt Sigrid Filzmoser, Standortleiterin von CBRE in Graz. Demzufolge seien keine längeren Leerstände zu befürchten und es sollten sich zeitnah neue Mieter finden lassen. Zugleich dürfe man sich heuer von der Fertigstellung und kompletten Inbetriebnahme der Straßenbahn für die Innenstadtentlastung Positives erwarten. „Während der Bauphase waren in der Innenstadt vermehrt Mieterwechsel und Abgänge zu verzeichnen. Mit dem Ende der Bauarbeiten werden aber wieder neue Impulse gesetzt“, so Filzmoser. Die Mieten in den A-Lagen blieben im Vergleich zum Vorjahr stabil bei bis zu 80 Euro pro Quadratmeter und Monat, wobei kleinere Flächen in A-Lagen vereinzelt darüberliegende Höchstmieten erzielen.
Generell ist die steirische Hauptstadt in den vergangenen zehn Jahren um 27 Prozent gewachsen und weist damit weiterhin das größte prozentuale Wachstum aller Großstädte auf. Die Kaufkraft ist mit 30.100 Euro pro Person hoch. Das durchschnittliche Haushaltseinkommen beträgt 59.000 Euro. Auch das Einzugsgebiet ist überregional relevant und erstreckt sich auch über die Grenze hinweg bis ins Nachbarland Slowenien.
Retailmarkt Österreich: Leichtes Umsatzplus, Gewinner und Verlierer
Generell stiegt der Umsatz im österreichischen Einzelhandel 2024 inflationsbereinigt leicht um 0,5 Prozent an. „Zentrale Themen bleiben die Rentabilität und damit der Kostendruck“, sagt Walter Wölfler, Head of Agency & Sector Retail Austria bei CBRE. Gestiegene Lohnkosten stehen dabei einer gedämpften Nachfrage gegenüber. Die Folge: anwachsende Insolvenzen- und rückläufige Beschäftigungszahlen, insbesondere im Schuh-, Mode- und Möbelhandel.
Zu den Gewinnern zählen hingegen Gastronomie, Dienstleistungsangebote und Lebensmittel. Die Gastronomie wuchs 2024 erneut mit 4,3 Prozent deutlich stärker als der gesamte Einzelhandel und Entertainment-Konzepte erobern als neue Frequenzanker die Einkaufszentren. Auch Supermärkte florieren, mit einem inflationsbereinigten Wachstum von 1,7 Prozent im Jahr 2024. Im Non-Food-Bereich haben die hohen Inflationsraten und wirtschaftlichen Unsicherheiten der vergangenen Jahre vor allem den Diskontern hohe Wachstumsraten beschert.
Bedeutung von ESG & Dynamik am Investmentmarkt
„Nachhaltigkeits-Zertifizierungen von ÖGNI, DGNB, BREEAM, LEED sind auf dem österreichischen Einzelhandelsmarkt mittlerweile bestens etabliert“, sagt Elvis Penjo, CBRE Head of ESG. Die Bedeutung von ESG zeige sich auch auf der Finanzierungsseite: So ist auf dem heimischen Retailmarkt eine Finanzierung aufgrund nicht erfüllter ESG-Kriterien abgesagt worden.
Der Einzelhandelsinvestmentmarkt, der 2024 von einem massiven Angebotsmangel und einem einbrechenden Transaktionsvolumen geprägt war, könnte 2025 auf der Basis eines stabilisierten Marktumfelds wieder mehr Dynamik erfahren. „Mehrere Großtransaktionen von Einkaufs- und Fachmarktzentren sind in Vorbereitung, die neben nationalen Käufern auch wieder vermehrt internationale Investoren ansprechen dürften“, so Lukas Schwarz, CBRE Head of Capital Markets.