Die ÖGNI als unabhängiger Akteur in der Immobilienwirtschaft
Die ÖGNI vertritt als gemeinnütziger Verein Österreich im World Green Building Council. Die Organisation finanziert sich selbst und nimmt keine staatlichen Förderungen in Anspruch, was ihre Unabhängigkeit sicherstellt. Ihre Tätigkeit konzentriert sich auf drei Kernbereiche:
- Zertifizierung von Gebäuden: Das DGNB-System zur Bewertung der Nachhaltigkeit von Immobilien hat sich von einer freiwilligen Maßnahme zu einer praktischen Verpflichtung entwickelt. Engert betont, dass Banken große Projekte ohne entsprechende Zertifikate und die Erfüllung der EU-Taxonomie-Richtlinien kaum mehr finanzieren.
- Ausbildung: Die ÖGNI bildet Fachkräfte und Auditoren im Bereich Nachhaltigkeit aus, um aktuelles Wissen zu regulatorischen und wissenschaftlichen Entwicklungen weiterzugeben.
- Weiterentwicklung: Die Organisation beschäftigt sich mit zukunftsorientierten Fragestellungen der Immobilienbranche, etwa wie Bürogebäude gestaltet sein müssen, um auch in 20 oder 50 Jahren noch funktional und attraktiv zu sein.
Die EU-Gebäuderichtlinie: Mehr als nur Bürokratie
Engert unterstreicht die Bedeutung der EU-Gebäuderichtlinie, die bis Mai in nationales Recht umgesetzt werden muss. Er stellt klar, dass diese Richtlinie weit mehr als ein bürokratisches Hindernis darstellt – sie ist ein wesentlicher Faktor für leistbares Wohnen:
“Wenn ich in einem nicht thermisch sanierten Gebäude das Dreifache der Kaltmiete an Betriebskosten zahlen muss, weil es durch ungeeignet wirkt und welche Energieverschwendung ohne Ende, dann habe ich einen Vorteil als Mieter, wenn diese Gebäuderichtlinie umgesetzt wird und das Gebäude saniert wird.”
Engert sieht die Herausforderung nicht in der Sinnhaftigkeit der Richtlinie, sondern in ihrer finanzierbaren Umsetzung. Er plädiert für innovative Finanzierungsmodelle jenseits direkter Förderungen, wie etwa Staatsgarantien für Sanierungsmaßnahmen oder Vorfinanzierungen, die das Staatsbudget nicht übermäßig belasten.
Langfristige Perspektiven für Immobilien und Mobilität
Ein besonderer Aspekt der Immobilienwirtschaft ist für Engert die Langlebigkeit der Gebäude, die für 100 Jahre oder länger konzipiert werden sollten. Er verweist auf historische Beispiele wie Zinshäuser aus den 1850er Jahren, die durch regelmäßige Anpassungen an neue technische Gegebenheiten bis heute genutzt werden.
In diesem Kontext stellt er auch kritische Fragen zur Entwicklung der Mobilität und der Notwendigkeit von Infrastruktur wie Tiefgaragen in innerstädtischen Bereichen:
“Natürlich brauche ich wirklich unter jedem Haus im achten Bezirk Tiefgarage? Ist das dringend notwendig oder kommen wir in 20 Jahren in eine Zeit, wo im Bezirk wahrscheinlich kein Individualverkehr mehr stattfindet, wo alles im öffentlichen Bereich stattfindet?”
Elektromobilität als Teil eines ganzheitlichen Nachhaltigkeitskonzepts
Elektromobilität wird nach Engerts Einschätzung die kommenden Jahrzehnte prägen. Entsprechend müssen Immobilien mit der notwendigen Infrastruktur ausgestattet sein. Gleichzeitig betont er, dass Mobilität nur ein Teilaspekt der sozialen Nachhaltigkeit ist:
“Wir haben Nachhaltigkeit nicht nur ökologisch. Wir müssen CO2 einsparen, dann ist alles gut. Na, ich. Ich muss CO2 einsparen, ohne Frage. Ich muss Kreislaufwirtschaft verwirklichen, ohne Frage. Aber ich muss immer darauf achten, dass es den Menschen auch gut geht, dass die Menschen sich auch wohlfühlen.”