2023 lief der Investmentmarkt schon relativ schleppend, und die Situation wird auch 2024 herausfordernd bleiben. Von einem Stillstand, wie er manchmal kolportiert wird, möchte Franz Pöltl, geschäftsführender Gesellschafter von EHL Investment Consulting, allerdings nicht sprechen: „Das entspricht nicht meiner Wahrnehmung. Die Transaktionsfrequenz ist nur geringer als früher.“ Diese Verlangsamung hat damit zu tun, dass sich die Investoren bei ihren Deals mehr denn je absichern wollen. Keiner will einen Fehler machen, indem er zu billig verkauft, vor allem aber zu teuer einkauft. „Die Verkäufe haben einen längeren Durchlauf“, stellt Christian Schmück, Geschäftsführer von colourfish Real Estate, fest. Um nicht falsch zu liegen, werde „die Situation doppelt und dreifach geprüft“. Kein Investor will sich nachsagen lassen, zur falschen Zeit gekauft zu haben. „Die Transaktionen laufen auf einem anderen Preisniveau“, so Franz Pöltl.
Bottom noch nicht erreicht – einige geben nicht nach
Ernst Vejdovszky, Geschäftsführer von E-Ve Immobilienanlagen, vermutet, dass der Bottom bei Gewerbeimmobilien noch nicht erreicht ist. Die Preise für gewerbliche Immobilien könnten im heurigen Jahr noch nachgeben. Diese Annahme trifft sich auch mit der Analyse der Entwicklungen am Immobilienmarkt von EY. „Laut dem EY-Trendbarometer werden 2024 sinkende Preise für fast alle Immobilienklassen erwartet“, so Stephan Größ, Leiter des Immobiliensektors bei EY Österreich. Nur bei Immobilien in Bestlage bleiben die Preise stabil. Daher besteht eine Nachfrage vor allem nach Topprojekten oder, wie Franz Pöltl sagt: „Die Leute, die jetzt verkaufen wollen, bieten die beste Qualität an. Durchschnittliche Qualität interessiert den Markt nicht.“ Nur interessante Projekte locken die Kaufinteressenten aus der Reserve.
Alle Assetklassen gefragt
Die Nachfrage nach hochqualitativen Immobilien ist in allen Assetklassen vorhanden, wie Herbert Petz, Leitung Investment bei der ÖRAG, bestätigt: „Prinzipiell haben wir 2023 – und auch bis jetzt – von Nutzerseite eine starke Nachfrage nach Gewerbeimmobilien verzeichnet. Besonders hochwertige, moderne Büros, Hotels und auch Retail-Flächen in attraktiven Lagen waren und sind gefragt.“ Da deutlich weniger Käufer am Markt aktiv sind, wäre seiner Meinung jetzt „ein perfekter Zeitpunkt, um antizyklisch zu kaufen“.
Zeit zum Überlegen
Die letzten Jahre vor dem Rückgang der Investmenttätigkeiten waren davon geprägt, bei Immobilienkäufen rasch zu handeln. Das hat sich jetzt umgedreht, meint Christian Schmück: „Die Geschwindigkeit ist nicht mehr ausschlaggebend für den Ankauf einer Immobilie.“ Der Geschäftsführer von colourfish Real Estate ist davon überzeugt, dass sich diese Phase noch über das erste Halbjahr hinausziehen wird. Da auch die Banken vorsichtiger geworden sind, ist „jetzt die Zeit der Investoren mit Eigenmitteln bzw. jener, die wenig Fremdkapital benötigen“. Sie gehen davon aus, dass vielleicht jetzt schon der richtige Zeitpunkt da ist, und können auf einem Preisniveau kaufen, das um zehn bis 15 Prozent niedriger als vor zwei Jahren ist.
Finanzierung als Hürde
Eine große Herausforderung bleibt weiterhin die Finanzierung. Die Banken sind extrem vorsichtig geworden. „Es geht nicht darum, was man kaufen will, sondern darum, was die Investoren finanziert bekommen“, erklärt Christoph Lukaschek, Head of Investment, OTTO Immobilien Gruppe. Die Projektentwickler zeigen teilweise Eigeninitiative, und Anton Bondi, Geschäftsführer von Bondi Consult, hat das Problem bei seinem Projekt TwentyOne bereits im Vorfeld gelöst: „Im Normalfall finanzieren wir die geplante Bauzeit plus zwölf Monate, weil wir davon ausgehen, dass wir das Projekt danach auch verkauft haben.“ Im Herbst wurde mit den Banken verhandelt und die Laufzeit der Finanzierung um vier Jahre verlängert, „danach kann der Käufer überlegen, ob er sie so weiterführen will oder ob man diese auflöst“, so Anton Bondi. Mit der Möglichkeit einer Übernahme der Finanzierung ist auch eine raschere Abwicklung des Kaufs gegeben.
Wann funktioniert der Markt wieder?
Wann der Markt anspringen wird, lässt sich in der aktuellen Situation schwer sagen. Zu viele Unsicherheitsfaktoren spielen hier mit, und die Zinssituation ist sicher einer der entscheidenden. „Es sind sich selbst die Verantwortlichen nicht sicher, ob man die Zinsen senken soll bzw. wie schnell – das liest man ja täglich in den Medien“, so Ernst Vejdovszky. Wenn sich die Zinsen wieder nach unten bewegen, wird das seiner Meinung nach nur in einer überschaubaren Dimension stattfinden. Christoph Lukaschek hat seine Definition für einen funktionierenden Markt gefunden: Der Markt funktioniert wieder, wenn man eine Projektentwicklungen für einen adäquaten Developer-Gewinn verkaufen kann. Zu dem Preis, zu dem sie aktuell entwickelt werden, kann man sie zumindest im gewärtigen Preisumfeld nicht verkaufen.“