„Wohnen ist immer weniger leistbar.“ So liest und hört man es überall, und auch Herr und Frau Österreicher sehen das so: In einer von Raiffeisen Immobilien Österreich, der Immobilienmakler-Organisation der Raiffeisenbanken Gruppe, bei Gallup in Auftrag gegebenen Umfrage* sehen 71% der Befragten in der Schaffung leistbaren Wohnraums die größte Herausforderung der Immobilien-Branche – weit vor Nachhaltigkeit & Klimaschutz mit 14% und Versiegelung & Bodenverbrauch mit 13%. 73% sind der Meinung, dass sich das Wohnen in den letzten Jahren stärker verteuert hat als andere Lebensbereiche, 64% denken dass junge Menschen ohne Unterstützung ihrer Familie kaum mehr selbst Wohnraum schaffen können. 56% halten es für Familien mit Kindern für nahezu unmöglich eine passende und bezahlbare Mietwohnung zu finden. Und lediglich 8% sind überzeugt, dass der Staat die Menschen ausreichend unterstützt, damit sie sich das Wohnen leisten können.
Persönliche Leistbarkeit für die Meisten gegeben
Gefragt nach der persönlichen Situation gab bei der Umfrage jedoch fast die Hälfte (45%) der Österreicher:innen an, sich das Wohnen gut leisten können. 43% sagten „es ist manchmal angespannt, aber noch leistbar“ und nur 13% sehen ihre persönliche Leistbarkeitsgrenze beim Wohnen erreicht oder gar überschritten. „Als Österreichs größter Makler-Verbund ist es uns – getreu unserem Motto „Ganz bei Ihnen“ -sehr wichtig ein Ohr für die Sorgen unserer Kund:innen zu haben. Daher haben wir unsere jährlichen Gallup-Umfrage heuer DEM großen Branchen-Thema gewidmet, der Leistbarkeit des Wohnens.“, erläutern die Sprecher von Raiffeisen Immobilien, Ing. Mag. (FH) Peter Weinberger und Peter Mayr, die Beweggründe hinter der Studie. „Dieses Meinungsbild wollten wir aber auch mit der Lage in anderen Ländern Europas vergleichen. Denn das Thema Leistbarkeit ist natürlich kein rein österreichisches. Raiffeisen Research hat daher einen Blick über die Landesgrenzen geworden.“
Leistbarkeit im EU-Vergleich im Mittelfeld
Die Analyse von Raiffeisen Research zeigt, dass Wohnen in Österreich im internationalen Vergleich relativ gut leistbar ist. 2020 wendeten die Österreicher:innen demnach für Wohnkosten (Eigentum und Miete im Schnitt gesehen) 17,7% des verfügbaren Haushaltseinkommens auf. Die durchschnittliche Mietbelastung lag mit 21,8% des Haushaltseinkommens etwas höher. Mit beiden Werten liegt Österreich im Vergleich der EU-Länder im Mittelfeld, weit hinter Ländern wie den Niederlanden oder Griechenland. (Quelle: Eurostat; Wohn/Mietkosten inkl. Kosten für Sanierung, Heizung, Warmwasser). Die aktuellsten verfügbaren Zahlen der Statistik Austria für Österreich aus dem Jahr 2021 zeigen einen gleichbleibenden Anteil der Wohnkosten am Haushaltseinkommen von 18%. Klar ist aber auch: „Steigende Preise von Strom und Gas sowie die Zinswende bedeuten vor allem eines: Haushalte werden 2022 und 2023 einen größeren Teil ihres Einkommens für „Wohnen“ aufwenden müssen. Bei einer angenommenen Verdoppelung der Energiekosten schätzen wir den Anteil der gesamten Wohnkosten am Einkommen 2022 auf rund 22%, nach 18% in 2021. Die Jahre mit relativ stabiler Wohnkostenbelastung dürften somit vorbei sein.“, so Casper Engelen, Ökonom bei Raiffeisen Research.
Personen mit geringem Einkommen stärker belastet
Deutlich angespannter ist die Situation für Menschen mit geringem Einkommen (verfügen über weniger als 60% des äquivalisierten Median-Nettohaushaltseinkommens). Diese Bevölkerungsgruppe musste in Österreich 2020 lt. Eurostat 40,6% ihres Einkommens für das Wohnen aufwenden. Aber selbst damit lag die Alpenrepublik nur leicht über dem EU-Schnitt von 37,8%. Auch die Umfrage von Raiffeisen Immobilien aus dem März 2022 zeigt Probleme mit der Leistbarkeit des Wohnraums bei Menschen mit niedrigem Einkommen: Fast jede dritte Person (31%) mit einem Monats-Einkommen bis zu 1.500 Euro gab dort an, sich das Wohnen kaum mehr leisten zu können. Dieser Aussagen stimmten auch überdurchschnittlich viele Pensionist:innen (19%) sowie nicht berufstätige Menschen (22%) zu, ebenso wie Pflichtschulabsolvent:innen (23%). Im Österreich-Schnitt sahen hingegen nur 13% die Leistbarkeitsgrenze überschritten bzw. erreicht.
Gebrauchte Immobilien als Schlüssel zum leistbaren Wohnen
Die Experten von Raiffeisen Immobilien sehen jedoch auch Möglichkeiten, um mehr leistbaren Wohnraum zu schaffen. „Natürlich sind Förderungen und mehr sozialer Wohnbau wichtig und notwendig, vor allem für Menschen mit geringerem Einkommen. Eine große „Stellschraube“ wird in der Leistbarkeitsdebatte aber häufig übersehen: die gebrauchten Immobilien.“, meint Peter Weinberger. Gebrauchte Objekte machen 99% des heimischen Immobilienbestandes aus. Wenn es gelänge, mehr davon für den Markt verfügbar zu machen, könnte sich das dämpfend auf die Preissituation auswirken. Gut für die Umwelt wäre es ebenfalls: Die Sanierung gebrauchter Häuser verbraucht weniger Rohstoffe und CO2 als der Neubau, und es wird kein zusätzlicher Boden versiegelt. In Zeiten explodierender Rohstoffkosten sind Umbau und Sanierung überdies oftmals kostengünstiger als ein kompletter Neubau.
Leistbarer Wohnraum in ländlichen Regionen
Gerade in ländlichen Regionen sieht man bei Raiffeisen Immobilien großes Potential für die Schaffung leistbaren Wohnraumes. „Viele Ortskerne liegen brach. Hier gibt es enorme Flächen die – entsprechend gewidmet und adaptiert – auch für Wohnzwecke genützt werden könnten. Das würde die Gemeinden beleben, brächte Arbeitsplätze und Steuereinnahmen. Gleichzeitig könnte aus Leerständen leistbarer Wohnraum geschaffen werden. Zu vergleichsweise günstigen Preisen, und ganz ohne weiter Bodenversiegelung.“, zeigen sich Peter Mayr und Peter Weinberger überzeugt. In Niederösterreich plant Raiffeisen Immobilien daher – gemeinsam mit lokalen Raiffeisenbanken – eine Initiative zur Belebung der Ortskerne.