Erreichung der Klimaziele im Gebäudesektor in Gefahr

Ohne Erneuerbare-Wärme-Gesetz wird der notwendige Schub bei Sanierungen und Heizungsumstellungen nicht gelingen. RENOWAVE.AT fordert die rasche Schaffung der gesetzlichen Rahmenbedingungen.

Erreichung der Klimaziele im Gebäudesektor in Gefahr

© Petra Rautenstrauch

Derzeit liegt die Sanierungsrate beim österreichischen Wohnungsbestand bei ca. 1,7 Prozent (IIBW). Zur Erreichung der Klimaziele sind mindestens 2,5 Prozent nötig. 2022 ist die Sanierungsrate allerdings gesunken und nicht gestiegen. Die forcierte Umsetzung von Gebäudesanierungen und Heizungsumstellungen braucht nicht nur technische Konzepte und Lösungen, die verlässlich, rasch und kostengünstig angewendet werden können.  RENOWAVE. AT, das Innovationslabor für klimaneutrale Gebäude- und Quartierssanierungen, fordert daher dringend die Schaffung der gesetzlichen Rahmenbedingungen noch vor der Sommerpause. Andernfalls sind die österreichischen Ziele einer Dekarbonisierung des Gebäudebestands bis 2040 nicht zu erreichen. "Eine wesentliche Voraussetzung für die Dekarbonisierung des Gebäudebestands bis 2040 sind geeignete rechtliche und insbesondere wohnrechtliche Rahmenbedingungen, vor allem mit Blick auf den großvolumigen Wohnungsbestand“, betont DI Susanne Formanek, Vorstand und kaufmännische Projektleiterin von RENOWAVE.AT, dem österreichischen Innovationslabor für klimaneutrale Gebäude- und Quartierssanierungen.

Zukunftssichere Immobilien

Gebäudeeigentümer:innen und Investor:innen erkennen zunehmend, dass für den langfristigen Werterhalt einer Immobilie oder eines Immobilienportfolios der energietechnische Standard und die Art des Heizungssystems eine zentrale Komponente darstellen. Damit stellen nicht nur die neuen Vorgaben auf EU-Ebene – wie etwa die EU-Taxonomie oder der Entwurf für die neue EU-Gebäuderichtlinie –, sondern auch die nationale Gesetzgebung wichtige Orientierungspunkte für zukunftssichere Investitionen im Neubau und in der Sanierung dar.

Diese Gründe sorgen in Österreich für eine Stagnation bei der Wohnhaussanierung: 

Preiserhöhung in der Baubranche und steigende Inflation

Nach Beendigung der Covid-Pandemie und dem laufenden Ukraine-Krieg bleiben große Unsicherheiten, die in einer enormen Inflationsrate ihren Ausdruck finden. Die Baupreise sind innerhalb von zwei Jahren um 30 Prozent in die Höhe geschossen. Die österreichische Inflation war wiederum Auslöser für einen scharfen Anstieg der Kapitalmarktzinsen. Konnte vor einem Jahr eine größere Sanierung noch um 1,5 Prozent finanziert werden, ist der Zinssatz heute etwa dreimal so hoch. Das verteuert die monatliche Rückzahlung bei 20 Jahren Laufzeit um etwa ein Drittel.  Hätte man vor zwei Jahren für eine umfassende Sanierung seines Hauses € 100.000 aufgenommen und auf 20 Jahre finanziert, wäre sich das mit einer monatlichen Rate von € 483 ausgegangen. Heute bewirken die gestiegenen Bau- und Finanzierungskosten für dasselbe Projekt monatliche Kosten von € 823. Die Steigerung macht 70% aus. Das überfordert fast jeden. 

Der Neubauboom geht zu Ende.

Die Baubewilligungszahlen sind im letzten Quartal 2022 im Jahresvergleich um 28 Prozent eingebrochen. Noch werden die vollen Auftragsbücher abgearbeitet. Aber viele Bauunternehmen stehen hinsichtlich neuer Aufträge vor einem großen und beängstigenden Loch. Es bestand die Hoffnung, dass sich die Bauwirtschaft nun auf die Sanierung stürzen würde. Das ist aus Gründen der Teuerung nicht geschehen. Gebäudeeigentümer warten ab, bis sich die Lage wieder beruhigt. 

Überforderung der Förderungssysteme

Die Förderungssysteme von Bund und Ländern sind von dieser Kostendynamik überfordert. Es besteht zwar allgemeine Bereitschaft, die Fördersätze anzupassen. Zielsetzung muss aber immer auch sein, die Teuerung durch solche Anpassungen nicht weiter zu befeuern - eine typische Zwickmühle.

Höchste Zeit zu handeln

Wohnungsneubau und Sanierung haben sich schon oft als Stabilisator in wirtschaftlich schwierigen Zeiten bewährt, etwa nach der Globalen Finanzkrise 2008. Dafür muss aber Kontinuität sichergestellt werden. „Ein moderater Rückgang im Neubau ist angesichts des zuvor sehr hohen Niveaus verkraftbar. Dringend erforderlich ist aber, dass die Sanierung an Fahrt aufnimmt. Maßnahmen zur Kostendämpfung sind das eine. Mindestens ebenso wichtig ist aber, endlich die enormen rechtlichen Hürden aus dem Weg zu räumen. Die Beschlussfassung des ‚Erneuerbare-Wärme-Gesetzes‘ und wohnrechtliche Reformen sind längst überfällig“, erklärt DI Walter Hüttler, Eigentümer WH consulting engineers und Gründungs-Genossenschafter von RENOWAVE.AT.

Erst mit geeigneten (wohn)rechtlichen Rahmenbedingungen, die Rechtsicherheit im Verhältnis zwischen Mieter: innen und Vermieter:innen bieten, können Förderinstrumente auf Bundes- und Länderebene ihre volle Wirkung entfalten. So wurde der weitaus überwiegende Teil der Bundesförderung für den Heizkesseltausch („Raus aus Öl und Gas“) und die Sanierungsoffensive (jeweils abgewickelt über die KPC) von privaten Eigenheimen in Anspruch genommen, während der Anteil der Fördermittel für den mehrgeschoßigen Wohnbau 2022 bei nur rund 15 Prozent des Gesamtvolumens lag. „Unter den heute gegebenen Rahmenbedingungen kommt die Förderung im großvolumigen Wohnbau viel zu wenig an. Es liegt offensichtlich weniger am Geld, als an den rechtlichen Gegebenheiten“, weiß DI Ulla Unzeitig, Vorstand RENOWAVE.AT. Die Arbeiten im Rahmen des Innovationslabors RENOWAVE.AT zielen darauf ab, für die Weiterentwicklung und Neugestaltung relevanter Rahmenbedingungen fachliche Expertise zur Verfügung zu stellen und im Austausch mit den relevanten Stakeholdern auf Verwaltungsebene sowie mit der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft die wesentlichen Punkte für eine praxistaugliche, rechtssichere und beschleunigte Umsetzung von Gebäudesanierung und Heizungstausch zu identifizieren.

Hier konkrete Maßnahmen, die eine Wohnhaussanierung in Österreich in Schwung bringen:

Es braucht zuerst klare Regeln, damit die einzelnen Mieter:innen- und Wohnungseigentümer:innen die Umstellung der Heizung auf ein zentrales klimafreundliches System akzeptieren können. DI Susanne Formanek sagt: „Wenn das gelingt, würde ein Ruck durch die Immobilienwirtschaft gehen. Die Sanierung und Heizungsumstellung sehr vieler älterer Bauten von Gemeinden, Gemeinnützigen, Privaten und Eigentumsbauten scheitert vielfach am Widerstand von Einzelpersonen - zum Nachteil der großen Mehrheit.“  Deshalb ist es notwendig, dass auch die Kostentragung eindeutig geregelt wird. Dafür müssen die Lebensbedingungen einkommensschwacher Bewohner:innen sowie die Minderheitenrechte und der Schutz der Eigentumsrechte berücksichtigt werden. Die Expert:innen des Innovationslabors RENOWAVE.AT empfehlen generell Maßnahmen, um Gebäude ‚enkel-fit‘ zu machen – also zu dekarbonisieren –, wohnrechtlich als Erhaltung und nicht länger als Verbesserung einzustufen. „Mit einer solchen kleinen Änderung könnten einige Knoten im Miet- und Wohnungseigentumsrecht gelöst werden“, ist sich DI Ulla Unzeitig, Vorstand RENOWAVE.AT, sicher. „Für Rechtssicherheit des staatlichen Handelns und im Hinblick auf die langfristigen Investitionspläne in der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft brauchen wir einen Stufenplan für den Ausstieg aus Öl und Gas bei der Beheizung unserer Gebäude. Festlegungen im Regierungsprogramm reichen in einem Rechtsstaat nicht aus“; ergänzt Dr. Wolfgang Amann, Chef des IIBW und Gründungs-Genossenschafter von RENOWAVE.AT.  

Das lange Warten auf das ‚Erneuerbare-Wärme-Gesetz‘

Einige dieser Maßnahmen stehen bereits im Entwurf des ‚Erneuerbare-Wärme-Gesetzes‘ (EWG), andere sollten im Wohnrecht fixiert werden. „Der Entwurf des EWG wurde vor fast einem Jahr in die Begutachtung geschickt. Es kam zu keiner Einigung über die Berücksichtigung der zahlreichen Stellungnahmen. Und so wurde der unveränderte Entwurf vor einem halben Jahr vom Ministerrat beschlossen und zur parlamentarischen Behandlung weitergeleitet. Seither harrt er darauf, vom zuständigen Ausschuss für Wirtschaft, Industrie und Energie behandelt zu werden. Es ist eine Menge Sand im Getriebe“, zeigt DI Walter Hüttler auf.

Beschleunigung für die Wärmewende

Es ist absehbar, dass ein Scheitern des ‚Erneuerbare-Wärme-Gesetzes‘ auch zur Folge hätte, dass die notwendigen wohnrechtlichen Reformen in dieser Legislaturperiode nicht mehr gelingen werden.  „Die Wohnungs- und Immobilienwirtschaft benötigt dringend Rechtssicherheit und praxistaugliche Rahmenbedingungen, um die vorhandenen technischen Lösungen für Sanierung und Heizungsumstellung auch umsetzen zu können. Daher fordern wir dringend die parlamentarische Behandlung und Beschlussfassung des ‚Erneuerbare-Wärme-Gesetzes‘ noch vor der Sommerpause. Die österreichischen Ziele einer Dekarbonisierung des Gebäudebestands bis 2040 sind andernfalls nicht zu erreichen“, resümiert DI Ulla Unzeitig, Vorstand RENOWAVE.AT.

RENOWAVE.AT wurde im Jänner 2022 gegründet und ist das Innovationslabor für klimaneutrale Gebäude- und Quartierssanierungen in ganz Österreich. Als zentrale Anlaufstelle für Innovationsvorhaben im Sanierungsbereich unterstützt RENOWAVE.AT Initiator*innen von Demonstrationsgebäuden und -quartieren, um Impulse für einen klimaneutralen Gebäudebestand zu setzen. Ziel ist es, hochwertige Sanierungen einfacher, kostengünstiger und rascher umsetzbar zu machen und dafür Innovationen zu forcieren. RENOWAVE.AT gestaltet und bietet Experimentierräume und Laborinfrastruktur, um die besten Ideen auf den Weg zu bringen.

renowave.at

Noch keine Beschreibung vorhanden.

Unternehmen

Produkt/Leistung

Jetzt Bewerten Pressemeldungen Öffentliche Seite

19.07.2025

DLA Piper, ÖRAG, HSP.law, REIWAG – Neues aus den Unternehmen

In den vergangenen Wochen gab es wieder Wechsel und Aufstiege in den Unternehmen, aber vor allem auch einige Auszeichnungen.

17.07.2025

Wien trifft Seoul – Sozialer Wohnbau als Vorbild

Der soziale Wohnbau in Wien gilt international als Referenzmodell und zieht regelmäßig Delegationen aus aller Welt an. Ein jüngstes Beispiel dieser Strahlkraft manifestierte sich im Besuch des Bürgermeisters von Seoul, der im Rahmen eines internationalen Bürgermeistertreffens besonderes Interesse am Wiener Modell bekundete. „Seoul ist eine Metropole mit fast 10 Millionen Einwohnern, mit Themen, die wir auch haben – knapper und leistbarer Wohnraum", erläutert Valerija Karsai, Vorstandsmitglied der STUWO, die Hintergründe des hochrangigen Besuchs.

16.07.2025

„Es gibt keinen Hausverstand mehr, wie man die Dinge lösen kann“

Georg Spiegelfeld, Geschäftsführer von Spiegelfeld Immobilien, macht sich so wie viele andere aus der Immobilienwirtschaft seine Gedanken zu der aktuellen Situation – und eigentlich wären viele Probleme mit ein wenig Fingerspitzengefühl und Hausverstand zu lösen. Beides fehlt aber leider den Verantwortlichen.

Dieser Inhalt:
  • Erschienen am:
    25.05.2023
  • um:
    11:00
  • Lesezeit:
    6 min
  • Bewertungen und Kommentare:
    0
  • Jetzt bewerten

Newsletter Abonnieren

Abonieren Sie unseren täglichen Newsletter und verpassen Sie keine unserer redaktionellen Inhalte, Pressemeldungen, Livestreams und Videos mehr.

Bitte geben Sie Ihren Vor- und Nachnamen ein, es sind exakt 2 Worte beginnend mit Großbuchstaben erlaubt.

Vielen Dank! Ihre Daten wurden gespeichert. Damit Ihre Anmeldung gültig wird klicken Sie bitte den Link in dem Bestätigungsmail das wir Ihnen gesendet haben.

Werbung

Das Immobilien-Redaktion Unternehmen der Woche 28/2025

Wir Gratulieren EHL Immobilien Gruppe zu erreichten 40 Punkten!

EHL Immobilien Gruppe

Prinz-Eugen-Straße 8-10, 1040 Wien

EHL Immobilien ist einer der führenden Immobiliendienstleister Österreichs und auf Gewerbe- und Wohnimmobilien sowie Investment spezialisiert. Das Spektrum reicht von Immobilienvermittlung über Immobilienbewertung, Asset- und Portfolio Management bis zu Market Research und Investmentberatung. Die exklusive Partnerschaft mit dem globalen Immobiliendienstleister BNP Paribas Real Estate sichert der EHL-Gruppe ein globales Netzwerk und Markt Know-how in 23Ländern.

Unternehmen

Produkt/Leistung

Profil News

Platz 2

AeroSurvey Solution Luftbildvermessung GmbH

Theresiengasse 47, 1180 Wien

AeroSurvey Solution – Ihr PropTech-Partner für professionelle Drohneninspektionen. Wir liefern technische Klarheit aus der Luft: schnell, sicher, datenbasiert. Fokus: Gebäudesubstanz-Bewertung via RGB-/Thermalbilder, KI-Schadensanalyse, strukturierte Berichte. Ideal für Ankaufsprüfungen, Sanierungen, ESG-Dokumentation & Beweissicherung. Zielgruppe: BauträgerInnen, HV, ArchitektInnen, ZT, SV, ESG-BeraterInnen.

Unternehmen

Produkt/Leistung

Profil News

Platz 3