Gemischt genutzten Objekten gehört die Zukunft

Mit den Veränderungen in der Gesellschaft kommen auch die Veränderungen in den Gebäuden. Gemischt genutzte Objekte bringen Lebensqualität und den Investoren Sicherheit.

Für Winfried Kallinger, Geschäftsführer von KALLINGER PROJEKTE, sind gemischte Nutzungen in Immobilien Schnee von gestern. Nicht, dass er die Vorteile dieser Mischung innerhalb eines Projekts nicht zu schätzen weiß. Ganz im Gegenteil: Er hat diese Idee schon zu einer Zeit verwirklicht, als man noch gar nicht an eine Durchmischung dachte. So hat er bereits Anfang der 2000er-Jahre am Wienerberg die ersten Konzepte umgesetzt – mit einem damals verwegenen Mix aus Wohnen und Büro. „Das hat gut funktioniert und wurde bestens angenommen“, resümiert er heute: „Wenn ich kleine Büroeinheiten habe, die gemietet werden können, dann muss ich nicht in den Büroturm fahren und mich teuer einmieten“ – so sein Gedanke. Die Zeit war wohl noch nicht reif für solche Ideen, denn sie wurden von anderen Bauträgern nicht wirklich aufgegriffen. Mittlerweile aber ist die Mischnutzung im Mainstream angekommen.

Immobilien im Baukastensystem

„Gemischt genutzte Objekte sind aus unserer Sicht die Zukunft“, so Walter Hammertinger, geschäftsführender Gesellschafter von Value One Development. Entsprechend den gesellschaftlichen Entwicklungen wird auf verschiedene Kombinationen gesetzt: „zum Beispiel auf Wohnen in Verbindung mit Co-Working oder klassisches Wohnen und Silver Living oder Hotel und studentisches Wohnen“. Für den Geschäftsführer von Value One Development ist klar, dass in „Zukunft die Gebäude, also die baulichen Hüllen, als ‚Setzkasten‘ für unterschiedliche Nutzungen fungieren werden“. Damit werden die Immobilien über die Zeit immer wandelbarer, und daraus ergeben sich automatisch gemischte Nutzungen. „Die Nutzungsmöglichkeiten muss man über alle Geschoße denken“, so das Credo von Winfried Kallinger.

Wesentliche Voraussetzungen für Wohn- und Lebensqualität

Im städtischen Bereich ist die Durchmischung eine der wesentlichen Voraussetzungen, um Wohn- und Lebensqualität zu schaffen. Wien oder Graz zeigen im großen Stil bereits vor, wie es geht. Die Regelungen der Stadt Wien geben mit dem „Leitbild produktive Stadt für gemischt genutzte Objekte“ schon ganz klar die Richtung vor. „In Graz wurde bei der Entwicklung der Smart City erstmals das – mittlerweile gängige – Instrument von privatrechtlichen Vereinbarungen zwischen Bauträger und Stadt angewendet“, erklärt Nikolaus Lallitsch, Geschäftsführer von Raiffeisen Immobilien Steiermark: „Darin haben wir abseits der hoheitlichen Bestimmungen die wesentlichen Stadtteilqualitäten einvernehmlich und verbindlich festgelegt.“ Vereinbart wurde ein Verhältnis von 60 Prozent Wohnen, 20 Prozent Gewerbe und 20 Prozent Nebenflächen. Damit werden solche Siedlungen bunt und belebt, da zum reinen Wohnen auch Arbeiten, Handel, Gastronomie und Dienstleistungen hinzukommen. Mittlerweile wird das Modell auch bei anderen Quartieren, „etwa bei Reininghaus, im Brauquartier oder am Grillweg“, angewendet, freut sich Nikolaus Lallitsch über seine Rolle als Pionier.

Immer mehr Ideen

Kleine Wohneinheiten, wie sie heute in vielen Projekten geplant sind, bringen ein Platzproblem mit sich. Daher sind Lagermöglichkeiten im Wohnprojekt durchaus eine sinnvolle Ergänzung. Immerhin lässt sich an den zahlreicher werdenden Self-Storage-Anbietern erkennen, wie sehr Lageflächen neben dem eigentlichen Wohnraum gefragt sind. Übrigens ein Konzept, das Winfried Kallinger schon 1995 beim Donaufelder Hof aufgegriffen hat. In einem vorgelagerten Gewerbegeschoß wurden zusätzliche Kleinflächen errichtet, die zu mieten waren. Tatsächlich handelte es sich aber nicht um klassische Abstellräume, sondern um bestens ausgestattete Flächen, eher „Hobbyräume oder Archive“. Das ist ein Modell, das von S+B aktuell bei einem Projekt am Rennweg weiterentwickelt wird, mit „Werkstätten und auch Ausstellungs- oder Verkaufsflächen für die eigenen erzeugten Produkte und sonst noch vielen andere Ideen“, sagt Wolfdieter Jarisch, Vorstand der S+B Gruppe.

Die rechtlichen Hürden

Auch wenn eine Aufteilung klar gewünscht ist, sind doch oft rechtliche Hürden zu überwinden. So errichtet S+B an der Laxenburger Straße in einem Projekt Wohnungen und daneben einen Büroteil. Die Büros können gemietet oder gekauft und aus dem Wohnungsverband oder von außen begangen werden. „Für dieses Konzept gibt es aber kein gesetzliches Regelwerk“, meint Wolfdieter Jarisch über die Herausforderungen: „Aber wir haben es geschafft, eine Bewilligung zu bekommen.“ Umgekehrt ist es ebenfalls kompliziert: Bei einem Projekt von S+B in Wien-Landstraße liegt eine Widmung für Büros vor. Im Bürotrakt sind kleine Wohnungen für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter geplant, die nur tageweise im Büro sind.

Gemischte Nutzung senkt das Risiko

Auch für die Investoren zeigt sich der „praktische“ Nutzen der Immobilien. Lange Zeit konnte man Immobilien mit gemischter Nutzung nur schwer verkaufen, aber die Welt hat sich durch Corona auch in dieser Hinsicht geändert. Wolfdieter Jarisch erklärt: „Während einzelne Hotels oder Büros auf einmal leer standen und man über Mieten beziehungsweise Mietherabsetzungen diskutieren musste, haben größere Projekte mit unterschiedlichen Nutzungen vieles ausgleichen können.“ Durch diesen Vorteil sind nun auch die Investoren hellhöriger geworden, „und Kombinationen aus Wohnungen und Büros, vielleicht noch mit Lebensmittelnahversorgern und Serviced-Apartments, sind gefragter denn je.“

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Geschrieben von:

Walter Senk

Walter Senk ist Chefredakteur der Immobilien-Redaktion, die er 2010 gründete. Er ist seit über 25 Jahren Journalist mit dem Fachgebiet „Immobilien“. Er konzipiert und betreut Newsletter und Magazine für Medien und Unternehmen, moderiert Veranstaltungen und leitet Podiumsdiskussionen. Sein Motto: Es gibt zum Optimismus keine vernünftige Alternative.

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