Großstadtphänomen Lagerraum – Interview mit MyPlace Gründer Martin Gerhardus

1999 begann die Erfolgsgeschichte von MyPlace. Damals eröffnete das Unternehmen seine erste Filiale in Wien und erkannte damit eine Marktlücke. Heute ist MyPlace-SelfStorage mit 46 Filialen in Deutschland, Österreich und der Schweiz Marktführer im deutschsprachigen Raum. Zum 20-Jahre-Jubiläum des Unternehmens traf die immobilien-redaktion.at Martin Gerhardus Mitgründer und geschäftsführender Gesellschafter zu einem Exklusivinterview.

Im Interview

Martin Gerhardus

Martin Gerhardus, Mitgründer und Geschäftsführer von “MyPlace-SelfStorage” begann nach einem Wirtschaftsstudium an der WU-Wien seinen beruflichen Weg als Unternehmensberater. Anfang der 1990ger Jahre wechselte er zu Europapier, und etablierte die Firma zum Osteuropa Marktführer. 1999 startete er mit “MyPlace-SelfStorage” als Unternehmer durch.

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Wie sind Sie auf die Idee von Selfstorage gekommen?

Gerhardus: Zwei Freunde von mir – Heinrich Hoyos und Paul Rankine – wollten in Wien einen Lagerraum mieten. Sie fanden einen, aber wurden auf eine lange Warteliste gesetzt. Sie erzählten mir davon, und wir fanden die Idee der Lagerräume sehr gut. Daher entschieden wir uns, zu dritt diese Geschäftsidee aufzugreifen und im Detail zu analysieren. Wir haben uns zunächst in den USA angesehen, wie das System Selfstorage dort funktioniert. In Europa gab es noch nichts Nennenswertes in diesem Bereich.

Was haben Sie von dem USA-Aufenthalt mitgenommen?

Gerhardus: In den USA ist das seit 50 Jahren gang und gäbe und wurde ständig weiterentwickelt. Zunächst wurden Garagen vermietet, und in weiterer Folge wurden die Lagerräume nicht nur besser und komfortabler, sondern sind auch immer näher zum Kunden gerückt. Diese Idee haben wir vor 20 Jahren zunächst für Österreich aufgegriffen und weiterentwickelt – beziehungsweise an die europäischen Verhältnisse angepasst.

Wo haben Sie 1999 das erste MyPlace Selfstorage errichtet?

Gerhardus: Wir haben vom Stift Klosterneuburg das Baurecht auf einem Grundstück in Strebersdorf erworben. Ein australisches Unternehmen hat die Boxen geliefert – also eine Art Container. Das Unternehmen hat sie dann auch zusammengebaut, da es bei uns ja kein Know-how gab, wie man so etwas errichtet. Das war unsere erste Filiale, und die gibt es noch immer – die übrigen Filialen schauen aber ganz anders aus.

Wie haben Sie die ersten Kunden angeworben?

Gerhardus: Über klassische Werbung mit Postwurfsendungen. Offensichtlich gab es einen hohen Bedarf an vernünftigen Lagerräumen, und wir haben sehr rasch vermietet.

Was war am Anfang die größte Herausforderung?

Gerhardus: Alles. Wenn man mit so einer Idee beginnt, dann glaubt man daran, dass es funktioniert. Aber es war schwierig, ein passendes Grundstück zu finden, eine Finanzierung zu bekommen und dann eben die Zeit zu überbrücken, bis das Geschäft in die Gänge kommt. Und natürlich die Gegenstimmen, die gemeint haben, diese Lagerräume braucht keiner. Wir konnten auch keine Marktstudien machen, da es dieses Produkt einfach nicht gab.

Haben Sie Ihren Beruf für MyPlace aufgegeben?

Gerhardus: Ja, gleich zu Beginn. Ich wollte selbst Unternehmer sein.

Worauf sind Sie stolz?

Gerhardus: Dass ich 25 Jahre verheiratet bin und vier Kinder habe.

Und beruflich?

Gerhardus: Dass wir ein Produkt kreiert haben, mit dem die Kunden zufrieden sind und das sie als gute Dienstleistung sehen. Sie sind oft überrascht, wie unkompliziert und einfach die Anmietung von Lagerräumen bei uns möglich ist.

Worin liegt derzeit die große Herausforderung?

Gerhardus: Geeignete Grundstücke zu finden. Egal, ob Sie in Österreich oder Deutschland schauen, in München, Frankfurt oder Stuttgart. Die Nachfrage ist so groß, dass in den Lagen, in denen wir früher bauen konnten, jetzt Wohnbauten errichtet werden oder eine andere Nutzung stattfindet.

Ein gutes Beispiel ist München. Dort haben wir vor Jahren ein Grundstück an einer stark frequentierten Bahntrasse entwickelt. Die Selfstorage-Gebäude waren der Schallschutz, und dahinter wurde der Wohnbau errichtet. Jetzt wollten wir das gleich wieder machen, aber das gesamte Grundstück wurde für den Wohnbau verwendet.

Leer stehende Garagen wären für Sie kein Thema?

Gerhardus: Wenn Sie mir eine leer stehende Garage in guter Lage anbieten, dann nehme ich sie sofort! Wenn Sie damit meinen, leere Parkplätze in einem Wohnhaus umzurüsten, dann kommt das für uns nicht infrage. Die Abwicklung ist logistisch nicht zu machen.

Sie haben gesagt, „im Gegensatz zu anderen Anbietern begrüßen wir es, wenn Untermieter, wie z. B. Supermärkte, Cafés, Bäckereien oder Apotheken, in unserem Selfstorage-Lager eingemietet sind“ – wird diese Idee noch ausgeweitet?

Gerhardus: Ich halte es für gut, wenn Selfstorage noch eine andere Nutzung inkludiert. Dieses Miteinander belebt den Standort, und wir haben rund 15 Standorte, an denen diese Synergien gut greifen. Aber es passen nicht alle Lagen.

Sie benötigen ja die Parkplätze dafür und eine gute Anbindung. Wir haben in Berlin in einer wirklich guten Lage ein Lager, und da finden wir für das Erdgeschoß keinen Mieter – bei anderen Lagen geht das wiederum sehr schnell. Jedes Grundstück hat eben seine Spezifika.

Und kombiniert mit anderen Immobilienarten?

Gerhardus: Das setzen wir bereits um. In der Schweiz haben wir mit der Handelskette Lidl gemeinsam ein Projekt entwickelt, in dem es unten den Supermarkt gibt, und oben haben wir Selfstorage-Lagerabteile errichtet. Auch in Leipzig planen wir mit Lidl ein ähnliches Projekt. Das wird auch von der Stadtverwaltung nicht ungern gesehen, da wir verdichten und mit unseren Flächen nicht an die Peripherie gehen.

Glauben Sie, dass die Nachfrage nach Lagerraum weiterhin so stark steigen wird?

Gerhardus: Wir gehen davon aus, dass der Markt weiter wächst. Wie stark, kann ich nicht beurteilen. Das Wachstum ist kontinuierlich, und daher erwarte ich keine großen Sprünge – auch wenn Selfstorage immer mehr ein Produkt des täglichen Lebens wird.

Es hat immerhin 20 Jahre gedauert, bis wir 50 MyPlace-Standorte hatten. Der Markt bleibt kleiner als in den USA – auch in der Relation gesehen, denn die Menschen übersiedeln weniger, haben weniger Sachen, und die Häuser sind anders gebaut.

Wie wird sich Storage in den kommenden Jahren verändern?

Gerhardus: Das Produkt selbst wird sich nicht viel verändern, und man sieht ja auch, dass das Grundkonzept über die Jahre im Kern gleich geblieben ist: Lagerräume in hoher Qualität, die kurzfristig und problemlos anzumieten sind. Nahe beim Kunden und effizient in der Abwicklung. Es wird sich eher rundherum etwas verändern, etwa dass die Gebäude mit der Zeit gehen und es durch IT-Lösungen zu verstärkter Automatisierung kommt.

Was werden die nächsten Schritte von MyPlace sein? Ist eine Expansion in den nicht deutschsprachigen Raum geplant?

Gerhardus: Wir wollen im deutschsprachigen Raum – in dem wir Markführer sind – in die Ballungszentren expandieren, den Markt verdichten und den einen oder anderen Mitbewerber übernehmen. Unser Ziel ist es, dass die Bewohner der MyPlace-Regionen innerhalb von zehn Autominuten eines unserer Häuser erreichen können.

Eine Expansion in nicht deutschsprachige Länder ist nicht geplant. Die Komplexität wäre zu groß – durch die rechtlichen Gegebenheiten und die unterschiedlichen Lebensarten. Ich sehe bei anderen Anbietern, wie sehr sie in solchen Märkten zu kämpfen haben und immer wieder Probleme auftauchen, mit denen sie nicht rechnen.

Lokales Know-how ist unbedingt notwendig. Selfstorage sieht so einfach aus, ist es aber nicht.

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  • Erschienen am:
    20.02.2019
  • um:
    07:00
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Geschrieben von:

Walter Senk

Walter Senk ist Chefredakteur der Immobilien-Redaktion, die er 2010 gründete. Er ist seit über 25 Jahren Journalist mit dem Fachgebiet „Immobilien“. Er konzipiert und betreut Newsletter und Magazine für Medien und Unternehmen, moderiert Veranstaltungen und leitet Podiumsdiskussionen. Sein Motto: Es gibt zum Optimismus keine vernünftige Alternative.