Die Stadt entscheidet die Zukunft

Weltweit schreitet der Trend zum Leben in der City unaufhaltsam voran. Bereits heute lebt jeder zweite Mensch auf unserem Planeten in der Stadt. Im Jahr 2050 sollen bereits drei von vier Menschen im urbanen Raum leben. „Green Cities“ gelten als Schlüssel der Zukunft, um die fortschreitende Urbanisierung zu bewältigen.
Der hohe Anreiz urbanen Lebens lässt sich anhand verschiedener Komponenten darstellen. Im Vordergrund steht jedoch immer der Gewinn an Lebensqualität. Einerseits stellen kürzere Transport- und Gehwege von Gütern und Menschen einen großen Vorteil da, weil sie Kosten und Zeitaufwand einsparen. Andererseits findet im verdichteten Raum ein produktiver Austausch von Ideen statt: „Erfolgreiche Städte ermöglichen es den Menschen, voneinander zu lernen“, betont der US-Wirtschaftswissenschaftler Edward Glaeser. In Städten mit hoher Bildung erhalten sogar Ungelernte tendenziell höhere Löhne. Wissen und Bildung durchdringen die gesamte Gesellschaft, und dies gelingt am effektivsten und nachhaltigsten, wenn Menschen sich begegnen. Keine Technologie, ob Internet oder Videokonferenz, kann den Austausch menschlicher Begegnung ersetzen, unterstreicht Edward Glaeser. Wurden in der Vergangenheit Städte vor allem an Flüssen und Häfen gegründet, um den Austausch von Waren zu erleichtern, so steht heute im Zeitalter der Dienstleistungen deutlich der Ideenfluss im Vordergrund. In der Stadt wird mehr Wissen höher geschätzt als mehr Raum.

Neue Arbeitsformen in der Stadt

Auch die Entwicklung zu einer neuen Form der Arbeit spielt eine große Rolle– Stichwort: „New Work“. Die Arbeitswelt hat sich in den vergangenen Jahren massiv verwandelt. Berufliche Tätigkeit ist häufig nicht mehr an einen fixen Ort gebunden. Immer mehr Angestellte üben ihren Job von unterwegs aus. Ob Kaffeehaus, Co-Working-Spaces oder Gemeinschaftsbüros, urbane Zonen bieten vor allem digitalen Nomaden das ideale Umfeld für mobile Arbeitswelten. Der „Mobile Worker“ findet in der City eine große Anzahl an inspirierenden, abwechslungsreichen Arbeitsplätzen und trifft dort auf viele Gleichgesinnte. Laut einer Untersuchung des „Fraunhofer Instituts für Arbeitswelt und Organisation“ ist die Anzahl jener Angestellten, die ihren Beruf von unterwegs ausüben, fast schon genauso hoch wie jene, die an ihrem fixen Büroschreibtisch sitzen. Hinzu kommen neue Wohntrends wie die sogenannten „Boardinghäuser“. Diese Mischung aus kostengünstigem Hotelzimmer und eigenen vier Wänden– mit Services wie Waschsalon, Briefkästen, Einkaufsservice etc.– fällt in vielen Städten auf fruchtbaren Boden. Auch hier wird dem Bedürfnis des urbanen Nomaden nach temporärer Sesshaftigkeit bei gleichzeitiger Flexibilität entsprochen.

Risiko und Chance gleichzeitig

Die zunehmende Verstädterung bringt aber auch viele Anforderungen mit sich. „Mehr Menschen in Städten und weniger auf dem Land bedeutet Risiko und Chance gleichzeitig“, umschreibt Joachim Schellnhuber, deutscher Klimaforscher und Mitglied des Weltklimarates, das derzeitige Bevölkerungswachstum in den Städten. Leben in der Stadt bedeutet heute für viele Menschen, einen Ausweg aus der Armut zu finden. Vor allem in vielen Teilen Asiens und Afrikas, wo bereits mehr als 70% der Menschen in städtische Regionen gezogen sind, bieten Städte deutlich mehr Arbeit und Geld als die Landwirtschaft. Mit einer Erdbevölkerung, die bis 2050 auf neun Milliarden Menschen anwächst, sind dicht besiedelte Städte aber auch für die Schonung der Umwelt eher positiv, weil sie mehr Raum zur Entfaltung der Natur zulassen. Andererseits kommt es durch die zunehmende Verstädterung zu einem Mehr an Energieverbrauch. Das Abfallmanagement und die Organisation des Verkehrs werden deshalb zu entscheidenden Herausforderungen in den Ballungszentren. Ohne eine grundlegende ökologisch orientierte Neuausrichtung bei der Stadtplanung und -Entwicklung können diese Aufgaben nicht bewältigt werden. Darüber sind sich fast alle internationalen Städteplaner, Architekten und Wissenschaftler einig.

Neuerfindung von Stadt und Land

Der Klimaforscher Joachim Schellnhuber plädiert deshalb für eine Neuerfindung von Urbanität und ländlichem Raum. „Green Cities“ könnten der Schlüssel der Zukunft sein, um dem zunehmenden Wachstum der Städte zu begegnen. Mit der Verknüpfung von verdichtetem, energiesparendem Wohnen und Bauen und einer intelligenten Mobilität ließe sich eine neue, ressourcenschonende Form des Zusammenlebens formen und der Emissionsausstoß senken. Der gezielten Organisation des Zusammenlebens in den Metropolen kommt deshalb eine entscheidende Rolle zu. Im Vordergrund stehen infrastrukturelle Maßnahmen: Öffentlicher Verkehr, Abwasserkanäle, Energieleitungen (Stichwort: „Smart Grids“), effektive Transportwege, sauberes Trinkwasser, geregelte Müllabfuhr usw. bilden das Fundament einer verbesserten Umweltbilanz. Schon heute fällt der ökologische Fußabdruck eines Stadtbewohners aber deutlich besser aus als jener der Landbevölkerung. Das dokumentiert der amerikanische Wissenschaftler und Autor David Owen in seinem Buch „Green Metropolis“. Dieses Werk widmet sich den ökologischen Vorteilen der Stadt und zeigt auf, warum das Leben in der City deutlich umweltfreundlicher funktioniert als auf dem Land.

Mobilität in der Stadt

Das Buch „Green Metropolis“ verweist nämlich auf einen der wichtigsten, umweltfreundlichsten Aspekte städtischen Lebens: Stadtbewohner fahren weniger Auto. Das liegt zum einen daran, dass die meisten Ziele in der City gut zu Fuß oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichbar sind. Mit der hohen Anzahl an Fahrgästen avanciert der öffentliche Nahverkehr überdies zu einem profitablen Geschäft für die Betreiber, was wiederum die Infrastruktur finanziert. Zum anderen ist der Parkraum in den Innenstädten sehr knapp, wird Autofahren durch ansteigende Treibstoffkosten immer teurer, was das Fahren mit der U-Bahn, der Straßenbahn oder mit dem Bus angenehmer und attraktiver macht. Hinzu kommen neue Vehicle- und Carsharing-Modelle, wie Car2Go in verschiedenen Städten Europas und den USA, die das neue, moderne Mobilitätsbewusstsein des Stadtbewohners dokumentieren. Ein weiterer Aspekt der besseren Umweltbilanz der Stadt: Wohnungen verbrauchen weniger Energie zum Heizen, zum Kühlen und für elektrische Geräte als Einfamilienhäuser am Land. Laut Studien der Weltbank erzeugen dicht besiedelte, urbane Räume in der Regel viel weniger CO2-Ausstoß pro Person als der Durchschnitt des jeweiligen Landes. Das dicht besiedelte New York beispielsweise weist eine deutlich grünere Umweltbilanz auf als die meisten anderen US-Städte.

„In den Städten entscheidet sich, ob es gelingt, dauerhaft einen friedlichen Globus zu ermöglichen“, unterstreicht Klaus Töpfer, Professor für Umwelt und nachhaltige Entwicklung an der Tongji-Universität in Shanghai, die große Bedeutung der Städte der Zukunft. Green Cities scheinen diesem Anspruch am ehesten zu entsprechen.

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  • Erschienen am:
    21.05.2012
  • um:
    11:18
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Geschrieben von:

Helmut Wolf

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